Last exit: Staatsbad B.B.

Letzter Reisetag.
Erster Regentag.

Nach kurzem Morgendisput an der Hotelrezeption (Thema 1 „Ich bezahle den Hundeaufpreis nur für Tage, an denen der Zimmerservice auch putzenderweise im Zimmer war und nicht nur kurz den Mülleimer geleert hat“, dicht gefolgt von Thema 2 „Wie um alles in der Welt kommen die 4 Sterne in dieser Bude zustande: Weil es einen Kosmetikspiegel mit Beleuchtung gab, die auch nachts nicht auszuschalten war oder weil ein schmales Fenster über der Balkontür mit einem verdreckten Fliegengitter verkleidet war, das einem dankenswerterweise die Mückenschwaden der im Park gelegenen Teiche vom Leib hielt?“ – überhaupt wäre das eine eigene Recherche/Abhandlung wert: wie kommen diese Hotel-Sterne eigentlich zustande, mit denen ja stets ein gewisses Preisniveau, aber grundsätzlich kein einheitliches Qualitätsniveau verbunden ist?) das Auto beladen und abgereist.

Mittlerweile flutscht der Ablauf (Einpacken, Einladen, Ausladen, Auspacken), wir könnten jetzt glatt noch ein paar Wochen mit unseren Kisten on tour sein (mittlerweile bin ich in der Lage, blind in die großen Boxen hineinzugreifen und zielsicher die Hundefuttergabel, den Kacktütenspender, die Fusselrolle oder das Stoffsäckchen mit den vielen Ladekabeln drin herauszufischen).

Im Regen ist die trostlose, baustellenreiche A7 gleich noch scheußlicher. Einmal auf die Landstraße ausgewichen, bei Hildesheim. Auch alles trostlos dort. Lenggries, Murnau oder Tutzing sind auch bei Regen noch ganz schön, Walsrode, Hodenhagen und Fallingbostel sind das nicht.
Augen zu und durch.

Immerhin pausierte der Regen freundlicherweise immer genau dann, wenn wir das Auto verließen, obwohl das bei einem der Stopps gar nicht nötig gewesen wäre. Denn wenn man in Northeim (südliches Niedersachsen) aussteigt, um sich freiwillig eine Stunde im Schwimmbad nass zu machen, ist es ja wurscht, ob’s draußen regnet oder nicht. Im Gegenteil: schlechtes Wetter ist bei diesem Vorhaben sogar ausnahmsweise besser als Sonnenschein, denn das Dackelfräulein wartet ja derweil im Auto und bei grauem Himmel und 15 Grad kann man sich wenigstens die Suche nach dem ultimativ schattigsten Parkplatz sparen.

Sollte es Sie je nach Northeim verschlagen, was ich Ihnen an sich wirklich nicht wünsche, aber es könnte ja passieren (Reifenpanne, Durchreise, Tagung, Hundedurchfall, Gebrauchtwagenkauf, Reha, Begräbnis eines entfernten Verwandten), dann empfehle ich Ihnen wärmstens einen Besuch im örtlichen Schwimmbad.

Das traut man diesem öden Städtchen echt nicht zu, dass sich in seiner Mitte eine solch veritable Sportstätte für Kraulquappen verbirgt: für nur 3,50€ Eintritt finden Sie dort eine blitzsaubere Anlage, super funktionierende Duschen, ordentliche Umkleiden und ein großes 50-Meter-Becken vor.

Vor drei Jahren war ich schon mal dort, damals von meinem Quartier im Burghotel Hardenberg aus, deshalb musste ich da nicht lange herumsuchen: Northeim lag genau in der Mitte der heutigen Tagesetappe, also ideal für eine Schwimm- und Gassipause.

Das Gassi dann natürlich nicht in der Ödnis Northeims, sondern in Nörten-Hardenberg absolviert: Vom Burghotelparkplatz aus (Gedenkminute: dort begann vor drei Jahren eine Freundschaft, bemerkenswerterweise nachdem am Tag zuvor eine andere geendet hatte, was ich allerdings erst einige Wochen später realisierte) auf dem Mühlbachwanderweg hinauf zur Burgruine und auf der anderen Seite des „Berges“ wieder hinunter.

Danach auf Kaffee und Kuchen (dem voraussichtlich letzten dieser recht kuchenreichen Reise) ins Hotel und auch dort nochmal eine Gedenkminute eingelegt: Sie müssen wissen, dass just in diesem Haus schon mehrfach Mr. Springsteen logiert hat, nämlich immer, wenn das Fräulein Tochter hier am berühmten Hardenberger Reitturnier teilgenommen hat.

Aber auch ohne die Aura vergangener Boss-Besuche ist es ein Ort mit viel Atmosphäre und Ambiente: Wenn man da so sitzt in den Ohrensesseln, spürt man sofort eine wohlige Ruhe, die sich wie eine weiche Decke um einen legt. So eine Mischung aus altem Schlossgemäuer und gediegener Jagdstube, manches Interieur nicht ernsthaft mein Geschmack, aber in sich stimmig und durchaus geschmackvoll. Auch die Schatulle mit der Wildsau-Intarsie, in der der Gast die wirklich nicht überteuerte Rechnung fürs Nachmittagsgedeck vorfindet, gefällt mir.

Dieses Hotel würde ich Ihnen noch viel wärmer empfehlen als das Schwimmbad in Northeim, wenn es nicht so sündteuer wäre – ich hatte damals eine Sonderpreisaktion erwischt, aber selbst die war schon saftig (als Fan wollte ich aber unbedingt dort Station machen).
Dennoch (vielleicht erben Sie ja was oder gewinnen mal im Lotto): in dem Haus stimmt einfach alles und es schwirrt auch kein neureiches Volk herum, zumindest außerhalb der großen Reit-Events nicht. Extrem hundefreundlich geht’s dort obendrein zu – bis aufs SPA darf der Hund wirklich überall hin mit!

Nach dieser für Körper und Seele sehr erholsamen vierstündigen Pause von der A7 geht’s nochmal für zwei Stunden zurück auf selbige und ein weiteres Stück gen Süden.

Am Rande der Rhön dann raus, Ausfahrt Bad Brückenau-Wildflecken, dann dem Regenbogen folgend weiter zum Staatsbad Bad Brückenau, einem verschlafenen, aus der Zeit gefallenen Kurörtchen im gefühlten Nirgendwo (der Ex-Ehemann wohnt im eine Nebelschwade entfernten Bad Kissingen, daher kennt man die Gegend noch von früheren Besuchen ganz gut).
Schöne Wälder und Spazierwege, Unterkunft in einer kruscheligen, kleinen Villa, wo ich schon mal Station machte auf einer Rückreise aus dem hohen Norden.

Morgen dann auf der Stammstrecke aus Studentenzeiten die letzten 300km heimwärts. Abgesehen von der Wiesn, die vor unserer Tür wütet und von der Steuererklärung 2018 und einiger anderer Ekligkeiten, deren Erledigung mich erwartet, freu ich mich nun sehr auf daheim.

Ihnen eine gute Nacht & wir hören uns in Kürze aus München wieder!

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Walsrode (1).

Warum wir hier sind:

Naja, und ein bisschen auch wegen Stevie…

An Springsteens Geburtstag wenigstens mal kurz „Little Steven“ auf den Arm nehmen!

…und ihm!

Logistisch diesmal alles richtig angegangen (man hat ja aus früheren Besuchen hier was gelernt):

  • Hotel direkt neben dem Vogelpark gebucht (kann man das Auto stehen lassen und braucht von Zimmertür bis zum Schuhschnabel keine 10 Minuten zu Fuß)
  • Zwei-Tages-Ticket für den Vogelpark gebucht (muss man sich nicht an einem Tag hetzen und kann auch mal eine halbe Stunde vor einem Vogel zubringen)
  • Gleich nach dem Aufstehen einen Zeitplan erstellt (wir gehen nun vormittags und nachmittags jeweils leicht zeitversetzt in den Vogelpark und treffen uns dort auf gemeinsame Kernzeiten, so ist das Dackelfräulein nur zweimal am Tag für anderthalb Stunden allein im Hotel, das ist gut zumutbar)
  • Bereits beim Frühstück für das Mittagsgassi Route und Einkehr rausgesucht (weil a) der Hund nämlich putzmunter in den Startlöchern steht, wenn man selbst müde und hungrig mittags aus dem Park zum Hotel zurückkommt und b) man ohne Verzehr der berühmten Buchweizentorte nicht in die Lüneburger Heide fahren kann)

Morgen dann Papageien- und Lori-Tag.
Und natürlich nochmal zum Schuhschnabel.

[Feststellung nebenbei: Je älter ich werde, desto schlechter ertrage ich jegliche (!) Form von nicht artgerechter Haltung von Tieren. Da liest man auf dem Schild vor der Voliere „lebt in Mangrovenwäldern“ (oder im Urwald oder der Savanne) oder „ist ein verspielter und intelligenter Vogel“ und guckt sich den hiesigen „Lebensraum“ an und so viel Mühe sich der hiesige Vogelpark auch geben mag – alles da drin ist Lichtjahre vom eigentlichen Habitat des Volierenbewohners entfernt, ein Schicksal, das die Vogelparkinsassen ja mit allen Zootieren, Nicht-Freigänger-Katzen, Stallhasen, Käfigvögeln usw. teilen, weswegen ich auch immer froher bin, ein Tier zu haben, das ich wirklich artgerecht halten kann. So sehr mich der Schuhschnabel auch begeistert: vielleicht war es unser letzter Besuch hier. Der arme Vogel wird ja immer vergeblich in seinen veralgten Tümpel starren und auf einen Lungenfisch warten – und obwohl er’s nicht anders kennt, kann ich’s immer weniger ertragen, dass dem so ist. Muss jedes Kind zwischen Flensburg und Mittenwald einen Hyazinthara in echt gesehen haben? Muss der Brillenkakadu es sich wirklich gefallen lassen, dass jeden Tag eine senile Omi ihren Finger durchs Gitter streckt, um ihn an der Brust berühren zu können? Sollte der Uhu tagsüber nicht besser seine Ruhe haben als Heerscharen von krakeelenden Menschen vor seinem Gehege ertragen zu müssen? Wie geht es Stevie eigentlich damit, auf meinem Arm gesessen zu sein?]

Witzwort.

Seit Dienstagabend also auf Eiderstedt. Um die Ecke von Witzwort.

Kein Zufall, die Wahl dieser Region.
In meiner frühen Teenagerzeit verbrachte ich zweimal die Sommerferien in einem Ferienlager in St. Peter-Ording und habe von dieser Zeit tatsächlich noch mehr in Erinnerung behalten als die allabendliche Jugenddisco in der Turnhalle, den Kiosk mit den gelb-rosa-geringelten Schaumschlangen für 20 Pfennig das Stück und den blonden Timo, in den fast alle Mädchen aus der Gruppe zwei Sommer hintereinander verliebt waren.

Nämlich den tollen, riesigen Sandstrand von St. Peter-Ording. Oder Tönnig, Husum, Friedrichstadt und Heide.
Man wurde ja in den je dreiwöchigen Aufenthalten von den Gruppenleitern zu diversen Ausflügen kutschiert, damit man nicht nur in der Disco herumhopste, Zuckerschlagen futterte und sich den Kopf über diesen Timo zerbrach.

St. Peter-Ording hat sich, kaum war man mal 33 Jahre lang nicht mehr hier, fast schon zu einem zweiten Sylt gemausert. Alles aufgehübscht, nicht ganz so nobel wie auf Sylt, aber auch eher für den dickeren Geldbeutel, immerhin die Kuchenstücke noch unter Münchner Preisen (und weit unter den schwedischen sowieso).

Eh ein strategischer Vorteil: Nach über zwei Wochen in Schweden an die deutsche Nordsee fahren, das fühlt sich dann plötzlich alles so günstig an und man könnte glatt mal wieder entspannt in Restaurants gehen.
Tut man dann aber gar nicht, weil das Ferienhaus so gut ausgestattet und so gemütlich ist, dass man froh ist, nicht irgendwo anders sitzen zu müssen mit womöglich hässlichem Geschirr oder mittelmäßigem Essen oder unpassender Beleuchtung oder nervigen Menschen am Nebentisch.

Unser Quartier an der Nordsee…

…mit echten Fenstern (zum echten Öffnen und Lüften), ohne Klimaanlage und einem nicht überzuckerten, frischen Müsli.

Auch das Fräulein und die Gitti haben sich hier sehr schnell gut eingelebt.

Auf dem Grundstück nur ein Mitbewohner:

Meister Lampe hockt täglich vor der Tür…

…oder sprintet durch den Garten.

Dann noch sieben Nachbarn gegenüber:

Wollen Sie wissen, wie man so ein Foto schießt?

Ganz einfach: Platzieren Sie einen Dackel auf der anderen Seite des Weidezauns. Warten Sie 20 Sekunden. Drücken Sie ab.

Ansonsten: Wasser, Wind, Weite. Licht, Luft, Leere.

So kann man dem Motto dieses Blogs endlich mal wieder ausgiebig nachgehen.
Und tut es auch.

Ab und an mal ein Ausflug, das Dackeltier muss ja bewegt werden. Vor allem, wenn man wieder ins Schwimmbad möchte, denn ein müder Dackel verschläft den Schwimmbadbesuch ganz unkompliziert im Auto.

Nach einem langem Marsch auf Nordstrand zurück nach Husum, dort ins Schwimmbad. Absurde Öffnungszeiten (6-8 Uhr und 14-18 Uhr), 25m-Becken, modernisierter 70er-Jahre-Bau, da vermisst man Schweden dann wieder, aber es ist nicht fair, die Schwimmgelegenheiten in einer 20.000-Einwohner-Stadt wie Husum mit den Optionen in Stockholm oder Malmö zu vergleichen, also meckern wir nicht, sondern sind zufrieden, überhaupt im Wasser gewesen zu sein, außerdem hatten wir das Becken fast für uns alleine.

Danach ein Streifzug durch Husum, die „Stadt der kurzen Wege“, wie sie auch genannt wird, was uns nach Gassigehen und Schwimmen sehr entgegenkommt.
Einladende Cafés (sogar zum Verweilen 😉 ) mit leckerem Kuchen, warmes Septemberlicht lässt die Backsteinfassaden noch wärmer erstrahlen, Storm an allen Ecken und Enden: nicht nur seine Wohnhäuser gekennzeichnet, nein, auch das des Großvaters oder der Cousine oder der Patentante.

Trotzdem & nebenbei das innere Fazit: So ein Kleinstadtleben, das ginge gar nicht. Einsames Haus in den Bergen oder an der Küste vielleicht, womöglich auch Dorfleben (zumindest als Wochenendoption), aber eine Kleinstadt, das führte auch bei noch so schönen Fassaden und warmer Septembersonne direktemang in die Beklemmung, wenn nicht gar in die Depression (zumindest wenn man da erst jetzt, also in schon fortgeschrittenem Alter hinzöge).
Eine kleine, leise Vorfreude auf die Heimat blitzt erstmals wieder auf, bislang nicht viel an „daheim“ gedacht, vor lauter Genießen des Unterwegsseins und all der neuen Eindrücke.

Kurz vor der Rückkehr zum Parkplatz noch hier vorbeigekommen:

Der Husumer Zweitwohnsitz von Miss Langstrumpf.

Ein Gefühl wie: Der Kreis schließt sich.
Aber ein paar Runden drehen wir noch. Bleiben Sie also dran!

Wo die Sonne hinter Kopenhagen versinkt.

Stürmische Nacht in Onsjö.
Der Wind rüttelte acht Stunden lang an der Terrassentür des Hotelzimmers. Viel wachgelegen, früh aufgestanden.
Beim Frühstück erfahren wir: Die Frau des Hotelchefs betreibt eine Hundeschule, gestern erst, bis kurz vor unserer Anreise, fand ein Spezialtraining statt. Wir fragen nach, was für ein Kurs das war. Und staunen nicht schlecht, als wir hören, dass eine Spezialeinheit an Hunden zu Gast war, die zum Bed-Bug-Dog ausgebildet werden.

Bettwanzen! Dieses mittlerweile weit verbreitete Problemthema in der Hotellerie (und in Ferienwohnungen/-häusern und Alpenvereinshütten), man spricht meist nur hinter vorgehaltener Hand drüber. Kaum hört man sowas, juckt’s einen auch schon (kennen Sie dieses Phänomen? – Ich hab das sogar, wenn mir jemand von Mücken oder Ameisen berichtet!).
Hatte bislang erst zweimal das Vergnügen: In einem recht guten Hotel im Havelland und auf der Tutzinger Hütte unterhalb der Benewand (seither weiß ich auch, dass das Bettwanzenthema keine Frage der Unterkunftskategorie ist). Nicht schön, weil diese Wanzenbisse einem Beulen bescheren, die Wochen brauchen, bis sie abgeheilt sind.

Jetzt setzen sie also Hunde an auf die fiesen, kleinen Blutsauger. In Schweden können sich Hotels, die ihre Zimmer täglich von zertifizierten Bed-Bug-Dogs überprüfen lassen, bereits ein spezielles Gütsiegel verleihen lassen (bed-bug-free). Was es nicht alles gibt!

Tylösand: Sturm, Strand, Hund und ich.

Beim Strandspaziergang nach dem Frühstück geht mir immer wieder die Frage durch den Kopf, wie das wohl in der Praxis laufen mag: Wenn der Wanzenwasti anschlägt, ja, schmeißen die dann die kontaminierte Matratze weg und legen eine neue hin (aus dem garantiert wanzenfreien Matratzenlager im Hotelkeller mal schnell hochgeholt) oder kommt dann doch die große Chemiekeule zum Einsatz (die dem Allergiker dann noch mehr zusetzt als der Wanzenbiss es getan hätte)? Und das ausgerechnet in einem Land, in dem man den Großteil aller Fenster nicht öffnen kann (im Ernst – ich werde dazu noch berichten, sofern ich ein Schlussplädoyer verfasse), so dass man die giftigen Dämpfe nicht mal rauslüften könnte? Wie genau sieht das Procedere in einer verwanzten Unterkunft aus?
Leider hatten wir das nette kleine (natürlich bettwanzenfreie) Hotel in Onsjö, in dem ich wohl eine Antwort auf diese Frage hätte erhalten können, bereits verlassen und waren erst in Tylösand und danach auf dem Weg nach Malmö.

Und in Malmö ist freilich keine Zeit mehr, um über blutrünstige Bettgenossen nachzudenken.

Denn Malmö ist auch beim vierten Besuch einfach nur wunderbar.

Malmö: Der Stadtteil Västra Hamnen mit dem Wahrzeichen der Stadt, dem Turning Torso.

Wenn ich jemandem, der in seinem Leben nur 1 Tag in Schweden verbringen dürfte, 1 Ort für diesen 1 Tag empfehlen müsste – dann wäre es definitiv Malmö.

Hier fand ich schon bei meinem allerersten Besuch vor Jahren alles, was mich froh stimmt und glücklich macht: eine hübsche, überschaubar große Stadt (und v.a. auch eine junge Stadt – wegen all der Studenten), direkt am Öresund gelegen (bei gutem Wetter sieht man die Silhouette Kopenhages auf der anderen Seite des Sunds), viele schöne Cafés (für Regentage mit Hund: das Café Knus, für sonnige Tage mit Hund: das Café Slottsträdgården), tolle Altstadt (die Gassen rund um den Lilla Torg sind bezaubernd), ein richtiger Sandstrand (Ribersborgstranden), alles zu Fuß erlaufbar (wenn man drei bis vier Stunden Laufzeit am Tag mag und packt), zudem eine radlerfreundliche Stadt (gut ausgebautes Netz an Radwegen), tolle Museen (vor allem das Moderna Museet), nette Geschäfte (der Ramsch hält sich angenehm in Grenzen), ein historisches Badehaus in großartiger Lage (von der Sauna aus können Sie ins Meer gucken oder anschließend reinspringen), zudem noch eine moderne Schwimmhalle mit 50m-Sportbecken (Hylliebadet, am südlichen Stadtrand gelegen) und überdies auch noch eine hundefreundliche Stadt, wahrscheinlich die hundefreundlichste in ganz Schweden: nix eingezäunte, staubige, abgegraste, trostlose Hundezonen wie überall sonst in schwedischen (resp. skandinavischen) Städten, sondern ein weitläufiges Wiesen-Areal direkt unterhalb des modernen Stadtteils Västra Hamnens (das ebenfalls absolut sehenswert ist) steht den Vierbeinern hier zur Verfügung (ein Ort, an den man wirklich gern mit Hund hingeht, inkl. Übungs-/Spielplatz, mit dem man etwas anfangen kann).

Aber vor allem ist es der Blick auf diese Brücke, den ich so liebe. Oder der zum Turning Torso.

Die Öresundsbron.

Das allein ist ja eh schon mehr als genug für einen Tag.

57 hours (and a lot going on).

Stockholm (Friday 13th for Future und Abreise) – Mariefred (Schloss Gripsholm und Systembolaget) – Mariestad (Insel Torsö und Vänernsee) – Göteborg (Ullevi und Gassigehi) – Falkenberg (Strandspaziergang und Laxbutiken) – Halmstad (Wind und Weißbier) – um nur einen Ausschnitt der letzten 57 Stunden zu nennen.

Sie werden verstehen, dass da keine Zeit mehr zum Bloggen blieb.

Unsere kleine Reisegruppe hat sich nun von der schwedischen Hauptstadt bis an die Westküste weiterbewegt.
Statt eines langen Berichts lassen wir einfach – chronologisch und nach Stationen geordnet – ein paar Bilder sprechen, zumal jetzt noch ein Nachtgassi bei Mega-Küstenwind ansteht und wir danach gleich in die Koje wollen.

Herzliche Grüße aus Onsjö, einem kleinen Nest zwischen Gullbrandstorp und Frösakull!

*****

Freitag, der 13.: Abreise in Stockholm, via Mariefred bis an den Vänern.

Aufzug in unserem Quartier in Kungsholmen.

Kurz vor Abreise beherrschte man endlich die diversen Lichtobjekte (per Fernbedienung steuerbar).

Der Vermieter hatte (für alle Fälle) ein paar Gästeschlappen dagelassen.

Die Wanduhr stand still, nur die Lüftung nicht: Die Schweden lieben geschlossene Fenster und permanent laufende Lüftungen oder Klimaanlagen.

Schwedische Gemütlichkeit: Vor lauter Kissen konnte man das Sofa kaum noch sehen, geschweige denn, sich darauf niederlassen 😉

Samstag: Gemütlicher Ausflugstag rund um Mariestad, Torsö und den Vänernsee.

Heute: Abreise in Mariestad, via Göteborg hinüber zur Westküste, bis kurz vor Halmstad.

Weil Städtetouren dem Dackelfräulein nur bedingt Freude bereiten, obwohl wir jede mögliche Grünanlage in solche Exkursionen einbauen, geht’s gleich weiter nach Falkenberg, an einen der herrlichen Westküstenstrände…

…und mittlerweile zieht’s am Strand wie Hechtsuppe, so dass der kleine Hund fast abhebt!

Zurück in der Inselhauptstadt oder: Ein Blick hinter die Kulissen.

Gestern wegen Weiterfahrt, Spaziergängen, Umzug und Einrichtung am neuen Standort zu nichts mehr gekommen.
Der offizielle Part der Reise ist nun zu Ende, ab sofort sponsert niemand mehr unsere Mahlzeiten, Unterkünfte und Tankfüllungen.

Zurück in Visby.
Diesmal in einem eigenen Häuschen mit Garten. Ein Glücksfall, was Preis und Lage angeht. Denn: mein Quartier für die verbleibenden vier Tage auf der Insel liegt direkt an der mittelalterlichen Stadtmauer, in einem dieser kopfsteingepflasterten Altstadtgässchen, die von aneinandergereihten, niedrigen Häuschen gesäumt sind, eines schöner als das andere, alles unter Denkmalschutz stehend und im höchst seltenen Verkaufsfalle einzelner Objekte als eine der teuersten Wohnlagen ganz Schwedens gehandelt. Privilegierter geht es nicht!

Für das Morgengassi gehen wir nur ein paar Meter die hübsche Gasse entlang bis zu einem Durchschlupf in der Stadtmauer – und stehen dann mitten im Drehort des Vorspanns der Pippi-Langstrumpf-Filme. Nur ohne Pferd und musikalische Untermalung.

 

Und wissen Sie was? Diese Hütte treibt uns nicht mal finanziell in den Ruin, wie man es bei der Lage erwarten würde, sondern sie brachte nur etwas anfänglichen Putzirrsinn mit sich.
Wie es dazu kam?

*****

Vor einigen Monaten, als sich allmählich abzuzeichnen begann, dass ich im September zu sechs Tagen auf Gotland eingeladen werden würde, fasste ich sogleich den Beschluss, diesen Aufenthalt zu verlängern. Wenn man schon nochmal hierher kommt, dann soll sich das auch so richtig lohnen!

Und ich begann, mich für meine privaten Verlängerungstage auf die Suche nach einem Quartier zu machen. Sie ahnen es schon, was jetzt kommt. Genau! Es war schwierig. Oder zu teuer. Oder beides. Aus dem altbekannten Grund: Hunde unerwünscht oder nur in den abgewohnten Zimmern im modrigen Nebengebäuden erlaubt (selbstredend zum identischen Preis eines Zimmers im schönen Hauptgebäude) oder die Hundmitnahme mit einem Aufpreis versehen, der sich zwischen 250 und 350 SEK bewegt, was für 7 kg geballte Dackelschönheit einfach dreist ist.

Ich reise aber nun mal strikt nach dem Motto „Nicht ohne meinen Dackel!“, also musste ich zäh bleiben und weitersuchen. Kenne jetzt jedes Hotel, jedes Ferienhaus, jedes Bed&Breakfast und jede AirBnb-Unterkunft auf ganz Gotland. Am Schluss buchte ich relativ verzweifelt ein eigentlich viel zu teures Hotel in Visby und eine Hütte in einer Ferienanlage, in der es von Katzen nur so wimmeln würde. Um überhaupt mal etwas zu haben. Beides allerdings eine Notlösung. Beides bis kurz vor Ankunft stornierbar und das ist auch längst geschehen.

Weil mir auf einer Bergtour im Juli plötzlich eine Idee kam: Vor drei Jahren war ich mal in einer AirBnb-Unterkunft in Stockholm. Meine Gastgeberin war eine pensionierte Psychologin, mit der ich mich recht gut verstand. Ich hatte ein Zimmer in ihrer Wohnung gemietet und wir saßen ein paarmal länger in ihrer Küche zusammen. Boel ist geschieden, hat drei erwachsene Söhne und einen auf Gotland lebenden, neuen Gefährten, der zwei Häuser in Visby besitzt und eines davon manchmal auch Freunden und Familie überlässt.
Wir sprachen lange über Gotland und wie schwierig es bei meiner ersten Reise dorthin war, eine Unterkunft für mich und Pippa zu finden und sie meinte damals, hätten wir uns eher gekannt, hätte sie sofort ihren Freund gefragt, ob ich dort wohnen könne.

Ich erinnerte mich also bei meiner Bergtour an Boel und unser Gespräch und beschloss, zuhause nach ihrer Emailadresse zu suchen und sie einfach mal anzuschreiben und ihr mein Problem zu schildern (an sich hasse ich solche Anwanzereien, erst recht nach Jahren, wenn man schon ewig nicht mehr in Kontakt war). Aber in meiner wachsenden Verzweiflung, am Ende für vier Nächte in einem „preiswerten“, trostlosen Hotelzimmer rund 500€ berappen zu müssen oder 300€ für eine winzige Mitwohn(!)gelegenheit via AirBnb hinzulegen, überwand ich mich schließlich – und schickte eine Mail nach Stockholm.

Ob Sie sich an die Münchnerin erinnere, die mal bei ihr gewohnt habe, ich sei die, die mal mit Dackel auf Gotland war, wir hätten damals drüber gesprochen, und Gotland stünde nun ein zweites Mal an, und ich hätte wieder genau dieselben Probleme wie beim ersten Aufenthalt auf dieser schönen Insel (und wie überhaupt immer und überall im schönen Schweden), und da wollte ich mal vorsichtig nachfragen, ob sie immer noch ihren gotländischen Freund hätte und der auch immer noch seine beiden Häuschen in Visby…

Die Antwort kam prompt: Natürlich könne sie sich an mich erinnern, keiner ihrer AirBnb-Gäste habe Zimmer und Bad je so sauber und ordentlich hinterlassen wie ich, weshalb sie ihrem Freund Bengt meine Anfrage gleich weitergeleitet habe, mit der Anmerkung, dass sie für mich bürgen würde und er mir bedenkenlos sein kleines Häuschen überlassen könne.
Wenn man es, so wie ich, seit Jahrzehnten über sich ergehen lassen muss, als Spießer oder Pendant oder beides belächelt oder gar verspottet zu werden, nur weil man es daheim (und auch sonst) gern sauber und aufgeräumt hat, ist es wirklich ein Wohlgefühl sondergleichen, dass dieses sonst so geächtete Verhalten endlich auch mal jenseits der Eigenernte positive Früchte trägt und man eine derartige Rückmeldung erhält.

Bengt meldete sich einen Tag später und nach ein paar Emails war alles verabredet: Ich hatte eine Zusage für sein Häuschen mit Garten, für vier Tage, für einen Spottpreis inkl. Handtüchern und Bettwäsche, für Pippa wolle er nichts berechnen, meinte er, und sie dürfe sich auch nach Herzenslust im Garten vergnügen.

Letzterer ist wirklich sehr zu ihrem Vergnügen. Direkt nach Ankunft war sie eine gute Stunde damit beschäftigt, jedes der ca. fünfhundert Fallobststücke persönlich zu begrüßen, fröhlich herumzukicken oder testtweise hineinzubeißen. Ich warte schon auf den Dackeldurchfall vom Verzehr der überreifen Zwetschgen, bislang noch alles gut, vermutlich war die Rettung jene, dass unter einer Hecke ein alter Fußball zum Vorschein kam, von Bengts Enkeln, und da der eh schon kaputt war, ging er sofort in Pippas Besitz über und ist natürlich eine weitaus darmfreundlichere Spielvariante als das herumliegende Obst.

Nervig ist lediglich, dass der Hund jetzt ständig raus in den Garten will und man sie für die Mahlzeiten hereinrufen muss, die schlingt sie dann noch schneller als sonst in sich hinein und sitzt sofort wieder quengelnd vor der Tür. Also lässt man die Tür am besten gleich offen stehen.
Bengt schließt sein Haus, das auf der anderen Seite des Gartens liegt, auch nicht ab, sagte er gestern, als er uns hier herumführte und mir alles zeigte und erklärte. Es stört ihn auch nicht, wenn Pippa plötzlich zum Staubsaugen in seiner Küche aufkreuzt oder anderes Spielzeug seiner Enkel ausgräbt und verschleppt. Nun denn!

*****

Wir wollen hier aber nichts beschönigen. Das Glückspilz-Szenario unserer Visby-Altstadtidylle hat auch eine Schattenseite.
So ähnlich ist es ja auch manchmal, wenn man durch die Wälder streift und glückselig einen Steinpilz erspäht, der so groß und stolz dasteht in seiner bemoosten Nische und dessen Kappe so perfekt aussieht, das man fast eine Scheu dabei empfindet, dieses Gesamtkunstwerk bodennah mit dem Taschenmesser abzusäbeln und daheim in die Pfanne zu werfen (freilich in die des Gatten, denn ich selbst verabscheue Pilze, ich suche sie nur gern und der Gatte isst sie mittlerweile auch vertrauensvoll). Manches Mal aber schneidet man so einen perfekt aussehenden Steinpilz ab, hebt ihn hoch, dreht ihn um und traut seinen Augen kaum: die Unterseite ist zerfressen, der Wurm winkt einem rülpsend noch aus einem der Tunnel im Pilzinneren entgegen und zuhause hat man eine Menge Putzarbeit, um eventuell noch ein paar schöne, genießbare Stücke des Dickröhrlings zu retten.

Und so ungefähr war das hier gestern auch. Das Holzhäuschen aus dem 17. Jahrhundert strahlte mir in der Nachmittagssonne entgegen, die Rosen räkelten sich links und rechts neben dem Eingang in der Spätsommerwärme, im Garten stehend guckte ich dem glücklichen Fräulein beim Obstfußball zu, ostwärts lugte einer Befestigungstürme der Stadtmauer über den hölzernen Gartenzaun, im Westen ragten die Spitzen der nahegelegenen Kathedrale hervor, die Kirchenuhr schlug gerade viermal und mahnte zum zweiten Hundefressnapf des Tages, ich stieg auf die Sprossen der Leiter, die am Zwetschenbaum lehnte und konnte von dort aus – Visby hat Hanglage – sogar zum Meer hinuntersehen.
Jetzt bin ich im Paradies gelandet!, so dachte ich. Und dann öffnete ich die knarzende Holztür zu meinem neuen Zuhause – und sah dort quasi die Unterseite des Glückspilzparadiesszenarios.

Sauberkeit ist nämlich des Schweden Sache nicht, wie ich auch auf all meinen vorherigen Schwedenfahrten feststellen durfte. Da müssen Sie schon in die 4-Sterne-Kategorie abheben, und wenn Sie länger als ein Wochenende unterwegs sein wollen und danach noch ihre Münchner Miete weiterbezahlen können möchten, wird das schwierig.

In Ferienwohnungen, -häusern und den „günstigeren“ Hotels bis 140€ pro Nacht und Nase sollten Sie sich keinesfalls grämen, wenn das vor Ihrer Buchung im Netz besichtigte und für schön befundene Bildmaterial vor Ort dann nicht den erwarteten Tatsachen entspricht.
Das abgebildete Zimmer und auch das Sofa ist zwar dasselbe wie auf dem Foto, auch das Bad oder die Küche wurden nicht heimlich zwischen Ihrer Buchung und Ankunft umgebaut, aber wundern Sie sich eben nicht über den konkreten, realen Zustand der Räume und des Mobiliars und auch nicht über die Marmeladenreste Ihres Vorgängers auf dem Stuhl oder die Haare des vor drei Jahren verstorbenen Katers auf der Couch und bitte sowieso nicht über die überall abgestoßenen Fußbodenleisten, die speckigen Läufer und eine dicke Patina gelebten Lebens all over the accomodation.

Der Schwede hat zwar durchaus Geschmack und ein Händchen für Einrichtung und Dekoration, aber mit der Pflege dieser Dinge und einer gewissen Grundsauberkeit hat er’s gar nicht.

(Erlauben Sie mir an dieser Stelle, noch kurz die Sache mit den fehlenden Vorhängen in den meisten schwedischen Häusern zu erläutern: der Schwede, resp. die Schwedin!, dekoriert gern die Fensterbank mit ein paar Objekten, stellt dann ein Lämpchen daneben, das mit Anbruch der Dämmerung eingeschaltet wird, um die Exponate und einen Teil des Raumes zu illuminieren. Die Haltung dahinter ist nun keinesfalls ein „Hey, schaut her Leute, wie hübsch ich meine Bude dekoriert habe!“, denn der Schwede ist größtenteils ein recht dezenter und zurückhaltender Zeitgenosse, sondern eher ein „Hier könnt ihr ruhig reingucken, ich hab nix zu verbergen!“. Mir persönlich gefällt das durchaus, wenn man so durchs nächtliche Städtchen spaziert und durch all die nicht verrammelten Fenster warmes Licht in die dunklen Gassen fällt und man weiter hinten in den Wohnräumen gelegentlich auch die Bewohner dieser Hütten sieht – beim Lesen im Sessel, beim Abwaschen in der Küche, beim Disput mit dem Partner, beim Zusammensitzen mit Freunden, beim ganz gewöhnlichen Leben eben.)

Zurück zur Sauberkeit.
Man streift sich also zwar skandinavienweit grundsätzlich das Schuhwerk vor der Haustür von den Füßen – eine Sitte, die ich sehr begrüße, und nicht auszudenken, wie es erst aussähe, wenn nicht mal das Usus wäre! -, aber das war’s auch schon mit der Reinlichkeitsprophylaxe.
Ein ursprünglich weißer Badvorleger (nicht der glatte à la Toftbo, sondern eher ein flauschigerer à la Skön) steht schon mal locker einen kompletten Sommer durch und landet möglicherweise erst, wenn er so grau ist wie der Novemberregen in der Trommel.
Das Abwischen von Tischen und Küchenarbeitsplatten lohnt auch erst dann, wenn die Klebschicht nicht mehr der Arretierung von Tellern, Schneidebrettern, Gesellschaftsspielen und Laptops dienlich ist, sondern diese Gegenstände dauerhaft zu fixieren droht.
Die kreative Fischsilhouette, die Klein-Olof in seinen allerersten Sommerferien, in denen er aufrecht stehen konnte, mit seinem softeisverschmierten Fingerchen auf den Spiegel im Flur gemalt hat, ist ebenfalls unbedingt erhaltenswert, bis Klein-Olof groß ist und mit seinen eigenen kleinen Olofs zur Ferienzeit in die (groß-)elterliche Stuga zurückkehrt.
Dicken Eisschichten im Kühlschrank kann auch mit dem Erwerb eines günstigen und dauerbrummenden Zweitkühlschranks begegnet werden.
Einen Besen kann man auch dazu nutzen, um ihn so geschickt in die Lücke zwischen Heizkörper und Sofakante zu klemmen, dass der Wollmaus, die ja gern unter Heizkörpern oder Sitzmöbeln lebt, auf diese bestechend einfache Weise der Zugang ins Rauminnere verwehrt wird.
Und ob sie es wagen wird, sich an der mit Wäschklammern am Stehlampenfuß und der Vorhangstange befestigten Verlegung eines TV-Antennenkabels aus ihrem Versteck hervorzuhangeln, darf dann doch bezweifelt werden!

In jedem Schweden steckt ein Stück Ingvar Kamprad, das ihn zum Meister der Bastelei, der Improvisation, des Zusammenschusterns und des schönen Scheins befähigt, denn all das Angeschmuddelte und die Behelfskonstrukte sehen Sie zumeist nicht auf den ersten Blick, sondern erst, wenn das Sonnenlicht oder der ungnädige Strahl eines Halogenspots darauf fallen und die Dinge so zeigen, wie sie eben wirklich sind: verstaubt, vergilbt, verklebt, verranzt, vernachlässigt und vergessen.

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Nun kennen Sie den wahren Grund, weshalb Sie hier gestern nichts mehr zu lesen bekamen. Ich habe abends geputzt (das Bad, die Küchennische, die Sitzflächen der Stühle, die Tischoberfläche und alle Küchenutensilien sowie das Geschirr, das ich zu verwenden gedenke) oder meine persönlichen Behelfskonstruktionen über den vorhandenen Behelfskonstruktionen errichtet, um mir hier drin für die nächsten Tage zu behelfen.

Am Einfachsten wird es funktionieren, wenn das Wetter uns weiterhin so hold ist wie in den bisherigen 11 Reisetagen und wir uns hier sowieso überwiegend zum Frühstücken, Ausflügeplanen, Duschen und Schlafen aufhalten – oder eben im Garten sitzen und die salzige Meeresluft, die von der Küste heraufweht, die über Nacht entstandene Staublunge wieder gründlich freipustet.

Haben Sie ein schönes Wochenende und seien Sie herzlich gegrüßt aus Visby!

Auf der Schafinsel.

Die Insel Fårö ist weit mehr als Ingmar Bergman, Raukar und Strände. Wie ihr Name schon sagt, ist sie eine Schafinsel (Får = Schaf / Ö = Insel).

Nirgends sonst ist das Gotlandschaf so sehr zuhause wie hier.

Nach etlichen Programmpunkten am Vormittag – wir fuhren nach Zwischenstopps bei diversen Sehenswürdigkeiten im Norden von Visby kurz auf eine Fika bei Linda vorbei, die heute im Homeoffice statt in Visby arbeitete (grandioses Wohnhaus: ein ehemaliges Bahnhofsstationsgebäude!) und anschließend noch zu einer Freundin von Wenche, die direkt an der Blå Lagunen wohnt und durch deren Gärten wir einen schöneren Zugang zur Lagune hatten (deren zwei Beagel-Rüden stürzten sich voller Interesse auf Pippa, die ihrerseits nur an den ca. 7 Bällen im Garten interessiert war) – trafen wir am späten Mittag in Fårösund ein, wo wir in einem lauschigen Café zum Lunch einkehrten. Anschließend setzten wir mit einer kleinen Autofähre in knapp 10 Minuten über auf die Insel Fårö.

Und dann ging einer meiner Wünsche in Erfüllung: der Besuch einer Gotlandschaffarm. Ursprünglich gab es diese Schafrasse nur auf Gotland und Fårö, mittlerweile wird sie auch andernorts gezüchtet. Diese schwarz-grauen Genossen hatten es mir schon vor fünf Jahren sofort angetan. Je älter sie werden, desto mehr wechselt ihre Fellfarbe von Grau zu Schwarz. Sie sind sehr robust, gelten als recht zutraulich, können aber durchaus zu etwas plötzlichen und heftigen Sprüngen ansetzen – Wenche war das (obwohl sie eine waschechte Gotländerin ist) nicht so geheuer, so dass ich sie ein wenig ermuntern musste, die Schafe zu berühren.

Und das Ganze war keine Streichelzoonummer – nein, die Kleinen wollten gern geknuddelt werden! Sie sind nämlich erst sechs Monate alt, mögen Menschen und als wir die Weide betraten, rannten uns die meisten von ihnen sehr interessiert und laut blökend entgegen.

Es gibt für mich wenig Erbaulicheres als den Kontakt zu Tieren und ich hätte Stunden mit diesen Schafen verbringen können. Das gelockte Fell fühlt sich herrlich an, noch wunderbarer aber sind die schwarzen Köpfe und Ohren. Und die dunkelbraunen Augen, von langen, geschwungenen Wimpern umgeben, gucken einen so unglaublich direkt an, dass man sofort eine Verbindung fühlt.

Wenche mahnte irgendwann zum Aufbruch, da die Inhaberin der Stora Gåsemora, meiner Bleibe für die nächsten beiden Tage, nur zwischen 15 und 16 Uhr vor Ort sein würde, um mir den Schlüssel auszuhändigen.

Gestern spuckte ich noch große Töne und wähnte mich heute Abend allein in einer Hütte am Strand, aber als wir das riesige Gelände betraten und Birgitta, die Chefin, uns überall herumführte, begriff ich erst, wie einsam und weitläufig das hier alles ist und mich verließ ein klein wenig der Mut.

Zur Auswahl stand zum einen diese klitzekleine, uralte Mühle…

…die ich äußerst charmant fand, nur liegt sie so weit weg von allen anderen Gebäuden und hat keinerlei Beleuchtung drumrum und in ihrem Inneren eine schmale, steile Leiter hinauf in die Schlafkoje, was schon allein nicht so einfach wäre, dort hochzukraxeln, aber mit 7kg Dackel unterm Arm wirklich nicht ganz ungefährlich ist – also schied die Mühle aus.

Zum anderen hätte ich besagte Strandhütte wählen können, die Sie auf diesem Bild hier sehen (am besten großzoomen)…

…die war aber gleich noch weiter ab vom Schuss als die kleine Mühle und ich hätte gar nicht gewusst, wie ich meine vier Kisten voller Zeug dort hätte hinschleppen sollen, da es nur einen langen, steinigen Pfad gibt, der zu der Hütte am Meer hinunterführt.

Aber ich gebe gern zu, dass es nicht die praktischen Gründe waren, die mich von diesen beiden Stugas abhielten, sondern definitiv deren Alleinlage (habe diesen Begriff erst heute vollumfänglich begriffen).

Also entschied ich mich für eines der anderen Häuser auf der Farm, in dem ich ein ebenerdiges Zimmer samt Bad und Küche beziehen konnte.
Keine Treppen, gefühlt wenigstens ein paar Nachbarn, wenn’s auch nur Islandpferde sind, drumherum zumindest der eingebildete Schutz durch andere Gebäude und etwas entfernt die Stallungen, in denen ab und an mal ein Mensch vorbeischaut.

Ich bin sehr zufrieden mit meiner Wahl. Sogar das Signal des WLAN-Routers vom Hauptgebäude reicht gerade noch hinüber in mein Häuschen. Sonst könnte ich Ihnen das ja gar nicht zeigen und auch die Öffnungszeiten des einzigen auf Fårö noch geöffneten Cafés nicht nachgucken.

Wenn Sie Lust haben, kommen Sie doch gern morgen Abend hier vorbei. Die Fähre ist kostenlos, auf meiner Terrasse ist genug Platz für 20 Personen und die Aussicht ist wirklich fantastisch.
Bringen Sie aber bitte Ihre eigenen Getränke mit, Sie wissen ja, das alkoholische Zeug ist teuer in Schweden und ich hab heute schon wieder zwei Flaschen Weißbier verschenkt, so dass ich mit meinem Vorrat allmählich etwas haushalten muss.

Und sollte uns der Gesprächsstoff ausgehen, ist das auch nicht weiter schlimm: die Stille, die man hören kann, wenn das Meer grad nicht zu laut rauscht, ist atemberaubend.

Immer und überall suche ich einen schönen Platz für das Hundekörbchen aus – aber das ist komplett für Katz!

Inselinsider.

Wenn man vom heutigen Tag die eine Stunde Morgenlauf am Strand, den zweistündigen Spaziergang an den Klippen und die drei Stunden „Begrüßungsdinner“ mit Wenche (meinem Guide hier auf Gotland) und Linda (der Marketingmitarbeiterin des gotländischen Sponsors) abzieht, blieben unglaubliche acht Stunden „zur freien Verfügung“.
Ziehen wir davon noch die Zeiten für Infrastrukturdinge (wie Klamotten aus der Hotelwäscherei abholen, Notizen zu den gestrigen Besichtigungen machen, Mails lesen und schreiben, Telefonate führen, Kisten ein wenig umsortieren, Landkarte und Progamm für morgen studieren) sowie für Essen & Trinken und für Körperpflege ab, sind wir bei ca. vier Stunden.

Was für ein Luxus: vier Stunden Ruhe und Muße!
Endlich Zeit, die vielen Eindrücke mal sacken zu lassen und ein bisschen zu verarbeiten, bevor morgen schon die nächsten Exkursionen anstehen.

Wenche hat mir eine Menge vermittelt über Visby, Gotland, die Inselbewohner, die Schweden und ihr Land. Ich greife nun einfach mal ein paar Punkte aus dem großen Topf der Informationen und Eindrücke heraus.

1a) Der Schwede trinkt – im Büro oder daheim – den ganzen Tag über Kaffee. Der freiberufliche Schwede hat immer seine Thermoskanne mit Kaffee bei sich, um auch unterwegs und bei Auswärtsterminen jederzeit eine Fika abhalten zu können. Wenche schleppte zu meinem Erstaunen gestern den ganzen Tag ihre Kanne mit sich herum, letztlich hat sie sie gar nicht gebraucht, weil wir sowieso zweimal zur Fika einkehrten. Dennoch beruhigt es den Schweden, seine Thermoskanne dabeizuhaben.

1b) Der Schwede liebt Süßkram. Zu jedem Kaffee futtert er irgendwas Süßes. Und für Hemmakväll (=gemütlicher Abend daheim) geht er in einen Laden gleichen Namens und kauft dort säckeweise Zuckerzeug ein. Die Hemmakväll-Candy-Stores haben ihr Angebot praktischerweise bereits um einen Filmverleih erweitert, weil man ja irgendwie unterhalten werden muss, während man den großen Sack voller Bonbons, Lakritz und Gummibärchen verzehrt. Und weil der Schwede Süßkram so liebt, ist auch in fast allen Lebensmitteln, die man nicht im Hemmakväll-Laden kaufen kann, Zucker drin. Im Brot, in Semmeln, im Joghurt, im Quark, in den allermeisten Getränken. Es gibt kaum was Pures oder Ungezuckertes (mit Salz verhält es sich übrigens ähnlich und, was das Allerkrasseste ist: der Schwede kombiniert beides sogar, heut Abend im Restaurant durfte ich einen Schokotrüffel kosten, der mit Salz ummantelt war, puh!).

1c) Der Schwede muss für Alkohol teuer bezahlen, in ein gesondertes Geschäft gehen, um ihn zu erwerben und man könnte meinen, dass das ja den Konsum irgendwie einschränkt, wenn die Beschaffungsmöglichkeiten so unkommod sind. Weit gefehlt. Aber das ist eigentlich ein eigenes Thema, merk ich gerade. Also für heute und hier nur so viel: der Gotländer bzw. die Gotländerin ist unerwartet trinkfest und das noch dazu zu äußerst ungewöhnlichen Tageszeiten. Gefühlt braut hier jeder dritte daheim selbst Bier oder Schnaps.

2. Der Schwede ist ein Mehrhundehalter. Wohingegen der Deutsche ja eher zum Einzelhund tendiert. Von der Mehrhundehaltung (zwei bis fünf Hunde sind in Schweden keine Seltenheit, je nach Rasse/Größe eben – und nebenbei erklärt sich so auch der immer noch reißende Absatz, den der Volvo V70 findet, denn der Schwede ist gern und viel mit dem Auto unterwegs, nicht nur zu IKEA und anderen Einkäufen, sondern auch zum Camping und zu Festivitäten und das alles eben auch mit allen Hunden an Bord) verspricht sich der Schwede, dass die Hunde sich untereinander beschäftigen, was größtenteils erwiesener Irrglaube ist, an dem der Schwede aber gern festhalten möchte, weil er a) kein passionierter Gassigeher ist oder b) denkt, dass das ständige Angeleintsein von Hunden durch das Mitführen mehrerer Hunden ausgeglichen werden könnte („wenn sie schon nicht frei laufen dürfen, dann haben sie sich wenigstens untereinander“). Hat der schwedische Mehrhundehalter zu viel Unruhe in seinem Großrudel, sucht er einen Hundeplatz auf (eingezäunt) und lässt seine Hunde dort von der Leine oder nimmt an Aktivitäten seiner örtlichen Hundeschule teil. Immer mehr in Mode kommt auch die morgendliche Abgabe des gesamten Rudels: Um 7 Uhr bringt der berufstätige, schwedische Mehrhundehalter seine 2 bis 5 Hunde zur Hunddagis (Hundekrippe – wir besichtigten gestern eine), wo sie dann mit 50 anderen Hunden in einem eingezäunten Gelände herumstehen oder -laufen oder – wenn sie nicht so sozialverträglich sind – in abgeschlossenen Abteilen herumliegen müssen.

3. Der Gotländer liebt seine Insel und der Tourismus ist seine Haupteinnahmequelle. Der mehr und mehr ausufernde Tourismus spült aber nicht nur Geld nach Gotland, sondern eine Menge Probleme, die die Insel langsam aber sicher ruinieren, was den Gotländer schmerzt, da er seine Insel ja liebt. Diese Probleme beginnen beim Wasser: Damit die Touristen zweimal am Tag duschen können, müssen die Einheimischen Wasser sparen, erhalten in der Hauptsaison Auflagen, nur jeden zweiten Tag zu duschen oder ihre Gärten nicht mehr zu wässern. Es geht weiter bei den Gütern, die per Schiff oder Flugzeug importiert werden müssen, damit neben dem Bedarf der Einheimischen auch die Touristen hier alles vorfinden, was ihr Touristenherz begehrt. Der Fähr- und Flugverkehr hat extrem zugenommen, worunter die Umwelt leidet, ganz zu schweigen vom Müllentsorgungsproblem (Gotland verschifft Großteile seines Müll zurück aufs Festland, wofür wieder Fährverkehr anfällt). Ein Sonderproblem sind die Kreuzfahrtschiffe. Mindestens jeden zweiten Tag während der Saison legen ein bis zwei solcher Mega-Kreuzer hier an, spucken Aberhunderte von Tagestouristen aus, die hier 2 bis 5 Stunden Aufenthalt haben. Wie eine Heuschreckenplage fallen die dann alle zeitgleich in die Altstadt ein, strömen in die Geschäfte, Cafés und Lokale. Es wurden extra mehrere neue Wege angelegt, eigens um diese Besucherströme zu kanalisieren, zugleich wurden auf den Straßen Bodenwellen eingebaut, damit ja kein Gotländer so einen übergewichtigen Ruhrpott-Onkel oder eine geldige Russen-Trulla zusammenfährt, wenn die sich und ihren Zaster mal wieder nicht auf den vorgesehen Wegen Richtung Altstadt schieben, sondern quer über die Straßen tapern. Um all diese Menschenmassen zu bedienen (in den Geschäften, Cafés und Lokalen), braucht man in der Hauptsaison Unmengen an Personal. Das wird größtenteils schlecht bezahlt und nach der Saison in den nächsten schlecht bezahlten Saisonjob anderswohin verabschiedet. So funktioniert das in einer Touristenhochburg. Mit Ende der Hauptsaison (=Ende August / Anfang September) schließen die meisten Geschäfte, Cafés und Lokale. Es lohnt sich dann einfach nicht mehr, auf ein paar Individualreisende zu warten, die vielleicht auch gern mal was essen und trinken möchten, am Ende sogar noch mit ihrem Einzel-Köter im Schlepptau. Der Gotländer, der seine Insel ja eigentlich so liebt, ist mit dem gotländischen Sommer längst in einer Art Hassliebe verbunden. Einerseits ist er auf die Einnahmen durch den Tourismus angewiesen und vergöttert seine so sonnenreichen Inselsommer, andererseits kann er seine wunderschöne Hauptstadt nicht mehr betreten, weil sie aus allen Nähten platzt, geschweige denn genießen (aus den beschriebenen Gründen). Wer auch immer es sich leisten kann (heißt: nicht vom Tourismus leben muss), haut im Sommer ab, irgendwohin aufs Festland, wo er seine Ruhe hat. Weil sich das aber kaum jemand leisten kann, ziehen die jungen Gotländer gleich nach Beendigung der Schule aufs Festland, was nach und nach zu einer Überalterung der Inselbewohner führt, die je älter sie werden auch umso gebrechlicher werden, weshalb sie noch mehr Saisonkräfte vom Festland anheuern müssen. Den durch die Festlandflucht der Jugend frei werdenden Wohnraumkaufen kaufen sich reiche Leute vom Festland, die dann wiederum ausschließlich für ihre Sommerfrische nach Gotland kommen, den Rest des Jahres stehen die Quartiere leer. Visby wirkt bereits Anfang September in den Abendstunden wie ausgestorben. Mich persönlich stört das nicht, ich möchte nicht geschenkt zur Hauptsaison hier sein, aber die Gründe für die geisterstadtähnliche Atmosphäre in manchen Vierteln stören mich sehr wohl. Und zugleich bin ich ein Teil dieser ratternden Maschinerie, denn das größte Tourismusunternehmen Gotlands hat mich zu dieser Reise eingeladen, um Werbung für seine großartige Insel zu machen, um sich neue Touristengruppen zu erschließen (hier: Individualreisende mit Hund), gern auch Kundschaft, die endlich mal in der Nebensaison herkommen möchte, damit hier das ganze Jahr was zu tun und zu verdienen ist.

4. Ab Anfang September sind die ländlichen Gebiete von Gotland (und die machen 90% der Inselfläche aus!) nahezu menschenleer. In Visby ist das tagsüber noch nicht zu spüren, aber auf der restlichen Insel ist alles leergefegt. Für unsere morgige Exkursion in den Norden der Insel (genauer gesagt: auf die vorgelagerte Insel Farö, die sehr berühmt ist, weil Ingmar Bergman wegen des besonderen Lichts, der einzigartigen Natur und der imposanten Raukar dort lebte, etliche seiner Filme drehte und schließlich starb), suchte Wenche die Stecknadeln im Heuhaufen: a) ein Lokal, in dem wir zum Dagens Lunch (wie der Mittagstisch in den Restaurants hier heißt) einkehren können und b) eine Unterkunft, die noch geöffnet hat und mich & das Dackelfräulein für zwei Nächte beherbergen möchte. Lediglich der Besuch einer Gotlandschaf-Farm (ein Wunsch von mir) war einfach zu organisieren, denn die Schafe verschwinden ja nicht mit Saisonende, sondern bleiben ganzjährig auf Gotland. Ich bin froh, dass Wenche hier jeden Stein, jedes Schaf und jeden Einheimischen zu kennen scheint und noch dazu ein Organisationstalent ist. Sie hat ein Lokal gefunden, das erst Ende der Woche seine Pforten schließt, uns also morgen Mittag noch bekochen wird, sie hat über ihre guten Beziehungen einen Hotelchef überreden können, mir für zwei Tage ein Ferienhäuschen zu überlassen (zwar mit dem Zugeständnis, dass es dort kein Frühstück geben wird, weil das Personal schon abgereist ist, aber Wenche wird mir einen Picknickkorb voll Verpflegung mitbringen und vermutlich überlässt sie mir auch ihre gefüllte Thermoskanne) und sie hat mir alles gründlich notiert, was ich mir auf Farö angucken kann, denn sie fährt abends mit dem Bus zurück nach Visby. Ich werde also mit Kaffee, gezuckertem Brot und pappsüßer Marmelade quasi ganz allein auf Farö sein und den Geist Bergmans spuken hören oder sehen.

5. Das ausgestorbene Nachsaison-Gotland gewinnt nicht nur an landschaftlichen Reizen und an rauem Charme, sondern auch an Projektionsflächen für alle möglichen und unmöglichen düsteren Visionen. Die Raukar werfen unheimlichere Schatten auf die Strände als sonst, weil die Sonne tiefer steht. Das Schreien der Küstenvögel schrillt plötzlich wie ein gequälter Hilferuf durch die Dämmerung, das gewöhnliche Blöken der Schafherden klingt wie mystisches Gegrummel von Trollen, und die herbstlichen Winde verteilen all diese Geräusche bis in die letzten Verästelungen jedes Hagebuttenstrauchs und in alle Ritzen des Kalkgesteins, aus dem die gesamte Insel besteht. Die schlichten Steinhäuser, die schmucklosen weißen Kirchen und die uralten Holzkaten werden zu perfekten Drehorten für Schwedenkrimis. Gotland ist extrem beliebt bei Filmteams, speziell, was Psychothriller und Krimiserien angeht. Kein Wunder.

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Belassen wir es für heute mal bei diesen fünf Punkten. Wenn es auf Farö ein Off-Season-WLAN geben sollte oder überhaupt irgendeine Art Netzzugang, dann hören Sie von dort aus wieder von uns.

So ein paar Impressionen von den besonderen Raukar auf Farö, dem nördlichsten Leuchtturm Gotlands und den blökenden, graufelligen Genossen würde ich schon gern mit Ihnen teilen, wenn ich abends mit Wenches Thermoskanne, meinem Weißbier und dem Fräulein auf dem Schoß in eine Schafwolldecke gehüllt im Schein eines flackernden Windlichts auf der ansonsten stockdunklen Veranda des einsamen Häuschens sitze.

Bis dahin & gute Nacht zusammen!

Vom Wasser übers Wasser ans Wasser (2).

Die Schweden sind schon anders als wir, resp. als ich.
Morgens im Frühstücksraum des Hotels (für mein Empfinden: Speisesaal der Jugendherberge) steht man am Kaffeeautomaten Schlange. Kommen die Schweden untereinander wartenderweise sofort ins Gespräch (um 7:30 Uhr und vor dem ersten Kaffee!), schnappen sich dann ihr Tablett, wechseln den Platz, um sich mit den Kaffeeautomaten-Mitwartenden an einen Tisch zu hocken (Fremde zu Fremden!). Bewundernswert und gruselig zugleich. Beim Frühstück eine halbe Stunde lang mit Unbekannten freiwillig Smalltalk machen, au weia. Ich bin ja gerade morgens extrem froh um meine Ruhe.

Vermutlich hängt diese Verhaltensweise irgendwie damit zusammen, dass der Schwede Campingurlaub und andere Menschen seiner nächsten Nähe grundsätzlich liebt und daher auch mit Gemeinschaftsbädern keinerlei Problem hat. Wenn Sie schon in Schweden unterwegs waren, werden Sie das Phänomen kennen: zum Teil gibt es bis in die 3-Sterne-Kategorie hinein kein eigenes Bad zum gebuchten Zimmer dazu, da muss man oft lange suchen und einige Kronen zusätzlich hinblättern.

Gewöhnungsbedürftig sind auch die Butterpötte mit Spachtel drin. Schon oft gesehen an schwedischen Frühstücksbuffets, bis hin zur 4-Sterne-Unterkunft. So auch heute Morgen. Nix kleine, hygienische Portiönchen, nein!
Ein Plastikpott mit Streichmesser drin, in die kalte Masse schräg hineingerammt, später, wenn das Fett weicher ist, am Pottrand lehnend, noch mit den Fettschlieren des Vorgängers dran. Da kommt dann jeder mit seiner Semmel, seiner Scheibe Brot oder seinem Knäcke vorbeispaziert und spachtelt sich mit ein und demselben Werkzeug die Butter aufs Gebäck.
Gut, das ist wurscht, wenn man zu den ersten Personen an dem noch weitgehend unberührten Pott gehört, aber nicht jeder möchte um 7:30 Uhr Frühstücken. Ich eigentlich auch nicht, nur was will man machen, wenn man die Nacht wieder auf 90x200cm verbringen durfte…

Was mich auf ein anderes, unerklärliches Schweden-Phänomen bringt.
Die schwedische Hygieneauflage, die Sie – egal in welcher Art Unterkunft – auf nahezu jeder Matratze vorfinden. Ein ca. 3 bis 8 cm dickes, weiches Polster in Matratzengröße, ummantelt von einem Bettlaken. Drunter ist dann die eigentliche Matratze, von deren Beschaffenheit Sie kaum etwas mitbekommen, weil Sie ja auf diesem Polster liegen bzw. einsinken. Ist die Matratze drunter dann auch noch eine zu weiche, ja dann pfiat di!
Bei vorherigen Schwedenreisen, als ich noch jünger und fitter war (intakter Ellenbogen usw.), habe ich gelegentlich abends die Betten umgebaut: Leintuch abgezogen, Hygieneauflage zusammengerollt und in den Schrank gestopft, Leintuch auf die eigentliche Matratze gelegt – und am nächsten Morgen den ganzen Spaß wieder retour. Mach ich nicht mehr, zu anstrengend. Bin jetzt in der Lebensphase angekommen, in der man mit Bierkiste reist und so auf die nötige Betäubung bzgl. der Inkommoditäten der Nacht hofft.

Letzte Besonderheit aus der heutigen Lästerkiste: schwedische Bäder. Falls Sie ein eigenes Bad ergattern und dann natürlich einen entsprechenden Aufpreis für Ihre Übernachtung zahlen, seien Sie bloß nicht enttäuscht! Ihr Bad ist vermutlich winzig und nicht im Entferntesten mit Bädern in deutschen Hotels (derselben Preiskategorie) zu vergleichen.
Nix Duschwanne oder bodentiefe Dusche oder Glaswände um die Duschkabine. Schlichte Nische mit IKEA-Vorhang davor, je nach Hotelkategorie unten leicht verschimmelt oder nicht, Boden zum Duschabfluss hin etwas geneigt, aber wenn Sie kein 2-Minuten-Duscher sind, steht danach das halbe Bad unter Wasser. Dafür steht in Duschnähe stets ein Schrubber, mit dem können Sie dann das Wasser Richtung Abfluss zurückschieben.
Aber Obacht bei diesem Tun! Ihr Bad ist wie gesagt winzig, also hauen Sie sich bloß nicht beim Wasserschieben Ihren eh schon lädierten Ellenbogen an der Waschbeckenkante an und rammen Sie Ihr Knie nicht gegen die Toilette!

Ja, so schaut die Realität in schwedischen Hotels aus. Vielleicht nicht im 5-Sterne-Sektor, aber da können wir nicht mitreden, weil schon das schwedische 3-Sterne-Hotel preislich oft die Kragenweite eines deutschen 4-Sterne-Superior-Schuppens hat.
Wir wollen ja hier nicht nur irgendeine Bullerbü-Idylle vorgaukeln, deshalb berichten wir auch solche Details.

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Und nun zum Bullerbü-Part des Tages.
Schweden ist bunt, Schweden ist freundlich, Scheden ist weit, Schweden ist lässig und wunderschön.
Fahrzeit heute, von der West- zur Ostküste: fast 5 Stunden, davon 4 auf der Autobahn. Nicht zu vergleichen mit dem Stress und Gedrängel auf deutschen Autobahnen. Hier ist nix los, von den Ballungsräumen mal abgesehen, aber die berührten wir heute nicht. 3,5 von 4 Std mit Tempomat gefahren, 120km/h eingestellt, durchschnittlicher Spritverbrauch am Tagesende unter 5 Liter (trotz voll beladener Karre), völlig entspanntes Gondeln durch schönste Gegenden, Musik an, Fenster offen, gesungen, geguckt, gefreut. Toll, wirklich toll. Bob Seger, Smokie, Suzi Quatro – herrliche Reisemucke.

Mittags am Vätternsee gehalten, GoogleMaps hatte mir da bei der morgendlichen Recherche einen Hundbadplats ausgewiesen, etwas außerhalb von Gränna, was ziemlich genau in der Mitte der heutigen Strecke lag.
Der See ist riesig, das vermeintlich andere Ufer lediglich die Insel Visingsö, das Wasser blitzsauber und badewarm.

Wir spazieren einen menschenleeren Uferweg entlang, lungern lange in einer der einsamen Buchten herum, der Hund hat seinen Spaß, ich meine verdiente Autofahrpause. Weiter bis zum Hafen von Gränna, dort ein Wienerbröd und einen Kaffee, dann auf in die kleine Stadt!

Fika am Hafen: Man ist nie lang allein!

Die Schweden sind ein geselliges Volk und gern in der Gruppe unterwegs.

Die ist nämlich berühmt für ihre Polkagris-Zuckerstangen, diese vorwiegend in den Landesfarben Österreichs geringelten, pappigen Plombenzieher, die mir völlig egal sind, so wie mir auch Bonbons aller Art und Couleur schnuppe sind, aber schön anzuschauen ist’s allemal und es passt zum bunten Schweden, dieses Zuckerwerk.

Eine ganze Touristenmeile voller Süßwarenshops, ich suche den originalsten dieser Läden auf (den von Tante Amalia), natürlich darf das Fräulein nicht mit hinein, aber wegen der Wespendichte vor dem Geschäft muss ich einen geeigneten Hundeparkplatz suchen und gott(!)seidank entdecke ich direkt gegenüber eine Kirche mit kühlen, schattigen Steinstufen vor dem Eingang, für die sich niemand interessiert (weder für die Kirche, noch für die kühlen Stufen), weil ja eben auf der anderen Seite dieser Zuckerladen ist, durch dessen Fenster ich Pippa auch noch wunderbar im Blick habe (paranoid wie man ist, seit vor einem Münchner Drogeriemarkt mal ein dort angebundener Dackel gestohlen wurde, ein Erlebnis, das mich wochenlang und bis in die nächtlichen Träume hinein verfolgt hat).

Danach noch weiter durch den hübschen Ort gestreift, dann hinter dem Friedhof einen Feldweg hinunter zum Vätternsee und auf dem schönen Uferweg mit einigen Badestopps wieder zurück zum Auto.
Der Hund schmeißt sich nach dieser 2,5-stündigen Tour selig und müde auf sein Reiselager. Der Mensch setzt sich selig, weil der Hund selig ist, wieder ans Steuer und fährt müde weiter.

Das Tankerlebnis spare ich mal aus dem Bereicht aus. Es wäre jedenfalls schneller gegangen, wenn der blöde Automat neben der Zapfsäule (man tankt hier mit vorautorisierter Kreditkarte) nicht nur schwedisch gesprochen hätte.

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Am späten Nachmittag erreichen wir Oxelösund und das Schloss, in dem wir die letzte Nacht auf dem Festland verbringen.
Ein etwas in die Jahre gekommenes Anwesen, dennoch sehr charmant. Unser hübsches Zimmer keine 10m² groß, das Bad höchstens 1,5m², aber das Gelände drumrum bietet ja Platz genug.

Nochmal ein längerer Spaziergang, anschließend eine warme Mahlzeit im Schlossrestaurant, danach auf dem Zimmer eine Schneider Weiße – und nun ab ins Bett.

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Next stop: Nynäshamn.
Von dort dann mit der Fähre nach Gotland.

Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie manch anderer es schafft, von München aus in zwei Tagen die 2.000 Kilometer bis hierher durchzubrettern. Klar, das spart einem vier Übernachtungen, aber ich müsste diese Ersparnis ganz sicher mit völliger Erschöpfung büßen und sehen täte man da ja unterwegs auch nichts.
Dem Dackelfräulein sei Dank muss und darf ich langsam reisen!

Gute Nacht aus Oxelösund wünschen –
die Kraulquappe & das Dackelfräulein.

Voff, voff.

Ein dänisch-schwedischer Mix.
Wenn Sie die Maus auf das jeweilige Bild bewegen, sehen Sie den Text dazu.