Letzter Reisetag.
Erster Regentag.
Nach kurzem Morgendisput an der Hotelrezeption (Thema 1 „Ich bezahle den Hundeaufpreis nur für Tage, an denen der Zimmerservice auch putzenderweise im Zimmer war und nicht nur kurz den Mülleimer geleert hat“, dicht gefolgt von Thema 2 „Wie um alles in der Welt kommen die 4 Sterne in dieser Bude zustande: Weil es einen Kosmetikspiegel mit Beleuchtung gab, die auch nachts nicht auszuschalten war oder weil ein schmales Fenster über der Balkontür mit einem verdreckten Fliegengitter verkleidet war, das einem dankenswerterweise die Mückenschwaden der im Park gelegenen Teiche vom Leib hielt?“ – überhaupt wäre das eine eigene Recherche/Abhandlung wert: wie kommen diese Hotel-Sterne eigentlich zustande, mit denen ja stets ein gewisses Preisniveau, aber grundsätzlich kein einheitliches Qualitätsniveau verbunden ist?) das Auto beladen und abgereist.
Mittlerweile flutscht der Ablauf (Einpacken, Einladen, Ausladen, Auspacken), wir könnten jetzt glatt noch ein paar Wochen mit unseren Kisten on tour sein (mittlerweile bin ich in der Lage, blind in die großen Boxen hineinzugreifen und zielsicher die Hundefuttergabel, den Kacktütenspender, die Fusselrolle oder das Stoffsäckchen mit den vielen Ladekabeln drin herauszufischen).
Im Regen ist die trostlose, baustellenreiche A7 gleich noch scheußlicher. Einmal auf die Landstraße ausgewichen, bei Hildesheim. Auch alles trostlos dort. Lenggries, Murnau oder Tutzing sind auch bei Regen noch ganz schön, Walsrode, Hodenhagen und Fallingbostel sind das nicht.
Augen zu und durch.
Immerhin pausierte der Regen freundlicherweise immer genau dann, wenn wir das Auto verließen, obwohl das bei einem der Stopps gar nicht nötig gewesen wäre. Denn wenn man in Northeim (südliches Niedersachsen) aussteigt, um sich freiwillig eine Stunde im Schwimmbad nass zu machen, ist es ja wurscht, ob’s draußen regnet oder nicht. Im Gegenteil: schlechtes Wetter ist bei diesem Vorhaben sogar ausnahmsweise besser als Sonnenschein, denn das Dackelfräulein wartet ja derweil im Auto und bei grauem Himmel und 15 Grad kann man sich wenigstens die Suche nach dem ultimativ schattigsten Parkplatz sparen.
Sollte es Sie je nach Northeim verschlagen, was ich Ihnen an sich wirklich nicht wünsche, aber es könnte ja passieren (Reifenpanne, Durchreise, Tagung, Hundedurchfall, Gebrauchtwagenkauf, Reha, Begräbnis eines entfernten Verwandten), dann empfehle ich Ihnen wärmstens einen Besuch im örtlichen Schwimmbad.
Das traut man diesem öden Städtchen echt nicht zu, dass sich in seiner Mitte eine solch veritable Sportstätte für Kraulquappen verbirgt: für nur 3,50€ Eintritt finden Sie dort eine blitzsaubere Anlage, super funktionierende Duschen, ordentliche Umkleiden und ein großes 50-Meter-Becken vor.
Vor drei Jahren war ich schon mal dort, damals von meinem Quartier im Burghotel Hardenberg aus, deshalb musste ich da nicht lange herumsuchen: Northeim lag genau in der Mitte der heutigen Tagesetappe, also ideal für eine Schwimm- und Gassipause.
Das Gassi dann natürlich nicht in der Ödnis Northeims, sondern in Nörten-Hardenberg absolviert: Vom Burghotelparkplatz aus (Gedenkminute: dort begann vor drei Jahren eine Freundschaft, bemerkenswerterweise nachdem am Tag zuvor eine andere geendet hatte, was ich allerdings erst einige Wochen später realisierte) auf dem Mühlbachwanderweg hinauf zur Burgruine und auf der anderen Seite des „Berges“ wieder hinunter.
Danach auf Kaffee und Kuchen (dem voraussichtlich letzten dieser recht kuchenreichen Reise) ins Hotel und auch dort nochmal eine Gedenkminute eingelegt: Sie müssen wissen, dass just in diesem Haus schon mehrfach Mr. Springsteen logiert hat, nämlich immer, wenn das Fräulein Tochter hier am berühmten Hardenberger Reitturnier teilgenommen hat.
Aber auch ohne die Aura vergangener Boss-Besuche ist es ein Ort mit viel Atmosphäre und Ambiente: Wenn man da so sitzt in den Ohrensesseln, spürt man sofort eine wohlige Ruhe, die sich wie eine weiche Decke um einen legt. So eine Mischung aus altem Schlossgemäuer und gediegener Jagdstube, manches Interieur nicht ernsthaft mein Geschmack, aber in sich stimmig und durchaus geschmackvoll. Auch die Schatulle mit der Wildsau-Intarsie, in der der Gast die wirklich nicht überteuerte Rechnung fürs Nachmittagsgedeck vorfindet, gefällt mir.
Dieses Hotel würde ich Ihnen noch viel wärmer empfehlen als das Schwimmbad in Northeim, wenn es nicht so sündteuer wäre – ich hatte damals eine Sonderpreisaktion erwischt, aber selbst die war schon saftig (als Fan wollte ich aber unbedingt dort Station machen).
Dennoch (vielleicht erben Sie ja was oder gewinnen mal im Lotto): in dem Haus stimmt einfach alles und es schwirrt auch kein neureiches Volk herum, zumindest außerhalb der großen Reit-Events nicht. Extrem hundefreundlich geht’s dort obendrein zu – bis aufs SPA darf der Hund wirklich überall hin mit!
Nach dieser für Körper und Seele sehr erholsamen vierstündigen Pause von der A7 geht’s nochmal für zwei Stunden zurück auf selbige und ein weiteres Stück gen Süden.
Am Rande der Rhön dann raus, Ausfahrt Bad Brückenau-Wildflecken, dann dem Regenbogen folgend weiter zum Staatsbad Bad Brückenau, einem verschlafenen, aus der Zeit gefallenen Kurörtchen im gefühlten Nirgendwo (der Ex-Ehemann wohnt im eine Nebelschwade entfernten Bad Kissingen, daher kennt man die Gegend noch von früheren Besuchen ganz gut).
Schöne Wälder und Spazierwege, Unterkunft in einer kruscheligen, kleinen Villa, wo ich schon mal Station machte auf einer Rückreise aus dem hohen Norden.
Morgen dann auf der Stammstrecke aus Studentenzeiten die letzten 300km heimwärts. Abgesehen von der Wiesn, die vor unserer Tür wütet und von der Steuererklärung 2018 und einiger anderer Ekligkeiten, deren Erledigung mich erwartet, freu ich mich nun sehr auf daheim.
Ihnen eine gute Nacht & wir hören uns in Kürze aus München wieder!