Tramps like us…

…, baby, we were born to bun!

Und zwar to cinnamon-bun.
Eine fettig-zuckrige Köstlichkeit, diese Kanelbullar, wirklich. Mit Füllung oder ohne, immer lecker.

Seelenbaumeln & Kalorientaumeln.

Aber wir verdienen uns das hier fei auch redlich! Strandlauf heute Morgen bei noch bedecktem Himmel, mittags dann bei Sonnenschein ab Haus zu Fuß los…

…und – dank des spitzenmäßigen Kommentars von der lieben Sori aus Wien neulich in diesem Blog – bis Brucebo marschiert (@Sori: dank dir nochmal!).

Ich meine, da hat die Sori natürlich völlig recht: Wenn man schon einen Steinwurf von irgendetwas, das nach Bruce klingt, egal mit welcher Zweitsilbe hinten dran, entfernt ist, dann muss man da auch hin.

Zwei Stunden bis zum Naturreservat Brucebo, dann noch ein Stück weiter bis zum Brucebo-Museum und Richtung Lummelunda – und auf dem Rückweg schließlich in Själsö (zu deutsch: Seeleninsel) eingekehrt, in eine nette Bageri mit Meerblick und Bergen von Zuckerzeug (aber auch gutem Brot, was eine Seltenheit ist in diesem Land).

Die knallen dann ganz schön rein, diese buns, und die Lauferei zuvor auch, und da das heut ein gänzlich spontaner Tag war – ohne Plan, Ziel und Kamera, einfach mal aufgebrochen – guckt man dann in Själsö sitzend in GoogleMaps nach, wie man eigentlich zurückgelangt zu seinem Holzhüttchen, konkret: ob es da vielleicht einen Bus gibt. Den gibt es durchaus, aber nur wochentags und nur vom Nachbarkaff aus. Na, dann eben nicht.

Stattdessen wie in guten alten Jugendzeiten, als man die Sommerferien in Lenggries verbrachte, noch keinen Führerschein hatte und trotzdem abends nach Tölz in den Turmkeller wollte, an die Straße gestellt und den Daumen rausgehalten. Das Fräulein blickt ganz unaufgefordert unglücklich drein, an Straßen steht sie naturgemäß ungern herum, erst recht nicht in der prallen Sonne. Das sieht mitleiderregend aus und könnte unsere Chancen auf baldigen Transport deutlich erhöhen, sofern nicht auch alle autofahrenden Schweden an Hundephobien oder -allergien leiden (was schwedische Hoteliers und Restaurantbesitzer ja durch die Bank tun).

Das dritte Auto hält an. Ein Volvo, was sonst. Lackfarbe nicht mehr erkennbar, da völlig eingestaubt und verdreckt, na logo. Muss also ein Einheimischer sein.
Netter Typ um die 40 am Steuer, zwölfährige Tochter auf dem Beifahrersitz. Sie stellen sich als Kristoffer und Astrid vor und sehen eigentlich nicht aus wie die Gestalten aus den schwedischen Mörderfilmen.
Also steigen wir hinten ein. Wo man hin will, braucht an der Stelle nicht gesagt oder gefragt werden, da diese Straße nur nach Visby führt.
Im Auto dann eine nette Unterhaltung: Astrid ist brennend am Fräulein interessiert und Kristoffer an meiner Reise und Unterkunft.

Denn er vermietet ab nächsten Sommer auch eine Stuga. Aha.
But what about Pippa? No problem!
Kleine Stuga bei Lummelunda, with ocean-view und mitten in der Natur gelegen.
Nun, man weiß ja nie – deshalb die Nummer mal mitgenommen. Visbys Österport ist schnell erreicht, dort lässt man uns raus und wir laufen die letzten zehn Minuten auf der Pippi-Langstrumpf-Strecke heimwärts.

Übrigens, was ich Ihnen schon seit Tagen erzählen will, wenn nicht ständig so viel anderes dazwischen käme…
Kristoffer gehörte zu dem knappen Dutzend Schweden, denen ich mit Pippa begegnete und denen ein kurzes Grinsen übers Gesicht huschte, als ich, nach dem Namen meines Hundes befragt, brav den Namen meines Hundes zum Besten gab.
Gottseidank hat mich Wenche, meine nette Reiseleiterin in den ersten Tagen hier auf Gotland, gleich am Montag darüber aufgeklärt, was Pippa auf Schwedisch bedeutet. Nämlich ungefähr sowas wie Poppen oder Schnackseln, wie unsere österreichischen Nachbarn zu sagen pflegen.

Wenche meinte, es wäre vielleicht nicht ganz ideal, wenn ich abends allein mit dem Dackelfräulein an der Strandpromenade spazieren ginge und sie lautstark bei ihrem Namen zu mir herriefe (oder ich solle mich andernfalls eben nicht wundern, falls ein paar Passanten überrascht gucken würden).
Kein Problem, ich vermeide das seither. Was nicht allzu schwer fällt, denn wir nennen sie eh häufig Mäuschen. So heißen inoffiziell ja sowieso die meisten Hunde – und hören auch drauf (mäuschen-rufend gucken einen halt in Deutschland manchmal mehrere Hunde an, in Schweden natürlich nicht).
Zwischenzeitlich habe ich mir für Situationen wie die heutige mit Kristoffer, sofern es doch mal zur konkreten Namensnennung des Fräuleins kommt, bereits mein Sprüchlein zurechtgelegt.

Ein ganz wunderbarer Tag.
Vor allem mal ohne dieses ständige Rumfotografierenmüssen, was ja seit dem Verlust der Schutzkappe des Objektivs gleich noch anstrengender geworden ist.

Zur Not tun’s auch mal die Schnappschüsse vom Smartphone, sogar für Reportagen.

Oh, just one kiss from you, my brother (and we’ll ride until we fall)

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Zurück in der Inselhauptstadt oder: Ein Blick hinter die Kulissen.

Gestern wegen Weiterfahrt, Spaziergängen, Umzug und Einrichtung am neuen Standort zu nichts mehr gekommen.
Der offizielle Part der Reise ist nun zu Ende, ab sofort sponsert niemand mehr unsere Mahlzeiten, Unterkünfte und Tankfüllungen.

Zurück in Visby.
Diesmal in einem eigenen Häuschen mit Garten. Ein Glücksfall, was Preis und Lage angeht. Denn: mein Quartier für die verbleibenden vier Tage auf der Insel liegt direkt an der mittelalterlichen Stadtmauer, in einem dieser kopfsteingepflasterten Altstadtgässchen, die von aneinandergereihten, niedrigen Häuschen gesäumt sind, eines schöner als das andere, alles unter Denkmalschutz stehend und im höchst seltenen Verkaufsfalle einzelner Objekte als eine der teuersten Wohnlagen ganz Schwedens gehandelt. Privilegierter geht es nicht!

Für das Morgengassi gehen wir nur ein paar Meter die hübsche Gasse entlang bis zu einem Durchschlupf in der Stadtmauer – und stehen dann mitten im Drehort des Vorspanns der Pippi-Langstrumpf-Filme. Nur ohne Pferd und musikalische Untermalung.

 

Und wissen Sie was? Diese Hütte treibt uns nicht mal finanziell in den Ruin, wie man es bei der Lage erwarten würde, sondern sie brachte nur etwas anfänglichen Putzirrsinn mit sich.
Wie es dazu kam?

*****

Vor einigen Monaten, als sich allmählich abzuzeichnen begann, dass ich im September zu sechs Tagen auf Gotland eingeladen werden würde, fasste ich sogleich den Beschluss, diesen Aufenthalt zu verlängern. Wenn man schon nochmal hierher kommt, dann soll sich das auch so richtig lohnen!

Und ich begann, mich für meine privaten Verlängerungstage auf die Suche nach einem Quartier zu machen. Sie ahnen es schon, was jetzt kommt. Genau! Es war schwierig. Oder zu teuer. Oder beides. Aus dem altbekannten Grund: Hunde unerwünscht oder nur in den abgewohnten Zimmern im modrigen Nebengebäuden erlaubt (selbstredend zum identischen Preis eines Zimmers im schönen Hauptgebäude) oder die Hundmitnahme mit einem Aufpreis versehen, der sich zwischen 250 und 350 SEK bewegt, was für 7 kg geballte Dackelschönheit einfach dreist ist.

Ich reise aber nun mal strikt nach dem Motto „Nicht ohne meinen Dackel!“, also musste ich zäh bleiben und weitersuchen. Kenne jetzt jedes Hotel, jedes Ferienhaus, jedes Bed&Breakfast und jede AirBnb-Unterkunft auf ganz Gotland. Am Schluss buchte ich relativ verzweifelt ein eigentlich viel zu teures Hotel in Visby und eine Hütte in einer Ferienanlage, in der es von Katzen nur so wimmeln würde. Um überhaupt mal etwas zu haben. Beides allerdings eine Notlösung. Beides bis kurz vor Ankunft stornierbar und das ist auch längst geschehen.

Weil mir auf einer Bergtour im Juli plötzlich eine Idee kam: Vor drei Jahren war ich mal in einer AirBnb-Unterkunft in Stockholm. Meine Gastgeberin war eine pensionierte Psychologin, mit der ich mich recht gut verstand. Ich hatte ein Zimmer in ihrer Wohnung gemietet und wir saßen ein paarmal länger in ihrer Küche zusammen. Boel ist geschieden, hat drei erwachsene Söhne und einen auf Gotland lebenden, neuen Gefährten, der zwei Häuser in Visby besitzt und eines davon manchmal auch Freunden und Familie überlässt.
Wir sprachen lange über Gotland und wie schwierig es bei meiner ersten Reise dorthin war, eine Unterkunft für mich und Pippa zu finden und sie meinte damals, hätten wir uns eher gekannt, hätte sie sofort ihren Freund gefragt, ob ich dort wohnen könne.

Ich erinnerte mich also bei meiner Bergtour an Boel und unser Gespräch und beschloss, zuhause nach ihrer Emailadresse zu suchen und sie einfach mal anzuschreiben und ihr mein Problem zu schildern (an sich hasse ich solche Anwanzereien, erst recht nach Jahren, wenn man schon ewig nicht mehr in Kontakt war). Aber in meiner wachsenden Verzweiflung, am Ende für vier Nächte in einem „preiswerten“, trostlosen Hotelzimmer rund 500€ berappen zu müssen oder 300€ für eine winzige Mitwohn(!)gelegenheit via AirBnb hinzulegen, überwand ich mich schließlich – und schickte eine Mail nach Stockholm.

Ob Sie sich an die Münchnerin erinnere, die mal bei ihr gewohnt habe, ich sei die, die mal mit Dackel auf Gotland war, wir hätten damals drüber gesprochen, und Gotland stünde nun ein zweites Mal an, und ich hätte wieder genau dieselben Probleme wie beim ersten Aufenthalt auf dieser schönen Insel (und wie überhaupt immer und überall im schönen Schweden), und da wollte ich mal vorsichtig nachfragen, ob sie immer noch ihren gotländischen Freund hätte und der auch immer noch seine beiden Häuschen in Visby…

Die Antwort kam prompt: Natürlich könne sie sich an mich erinnern, keiner ihrer AirBnb-Gäste habe Zimmer und Bad je so sauber und ordentlich hinterlassen wie ich, weshalb sie ihrem Freund Bengt meine Anfrage gleich weitergeleitet habe, mit der Anmerkung, dass sie für mich bürgen würde und er mir bedenkenlos sein kleines Häuschen überlassen könne.
Wenn man es, so wie ich, seit Jahrzehnten über sich ergehen lassen muss, als Spießer oder Pendant oder beides belächelt oder gar verspottet zu werden, nur weil man es daheim (und auch sonst) gern sauber und aufgeräumt hat, ist es wirklich ein Wohlgefühl sondergleichen, dass dieses sonst so geächtete Verhalten endlich auch mal jenseits der Eigenernte positive Früchte trägt und man eine derartige Rückmeldung erhält.

Bengt meldete sich einen Tag später und nach ein paar Emails war alles verabredet: Ich hatte eine Zusage für sein Häuschen mit Garten, für vier Tage, für einen Spottpreis inkl. Handtüchern und Bettwäsche, für Pippa wolle er nichts berechnen, meinte er, und sie dürfe sich auch nach Herzenslust im Garten vergnügen.

Letzterer ist wirklich sehr zu ihrem Vergnügen. Direkt nach Ankunft war sie eine gute Stunde damit beschäftigt, jedes der ca. fünfhundert Fallobststücke persönlich zu begrüßen, fröhlich herumzukicken oder testtweise hineinzubeißen. Ich warte schon auf den Dackeldurchfall vom Verzehr der überreifen Zwetschgen, bislang noch alles gut, vermutlich war die Rettung jene, dass unter einer Hecke ein alter Fußball zum Vorschein kam, von Bengts Enkeln, und da der eh schon kaputt war, ging er sofort in Pippas Besitz über und ist natürlich eine weitaus darmfreundlichere Spielvariante als das herumliegende Obst.

Nervig ist lediglich, dass der Hund jetzt ständig raus in den Garten will und man sie für die Mahlzeiten hereinrufen muss, die schlingt sie dann noch schneller als sonst in sich hinein und sitzt sofort wieder quengelnd vor der Tür. Also lässt man die Tür am besten gleich offen stehen.
Bengt schließt sein Haus, das auf der anderen Seite des Gartens liegt, auch nicht ab, sagte er gestern, als er uns hier herumführte und mir alles zeigte und erklärte. Es stört ihn auch nicht, wenn Pippa plötzlich zum Staubsaugen in seiner Küche aufkreuzt oder anderes Spielzeug seiner Enkel ausgräbt und verschleppt. Nun denn!

*****

Wir wollen hier aber nichts beschönigen. Das Glückspilz-Szenario unserer Visby-Altstadtidylle hat auch eine Schattenseite.
So ähnlich ist es ja auch manchmal, wenn man durch die Wälder streift und glückselig einen Steinpilz erspäht, der so groß und stolz dasteht in seiner bemoosten Nische und dessen Kappe so perfekt aussieht, das man fast eine Scheu dabei empfindet, dieses Gesamtkunstwerk bodennah mit dem Taschenmesser abzusäbeln und daheim in die Pfanne zu werfen (freilich in die des Gatten, denn ich selbst verabscheue Pilze, ich suche sie nur gern und der Gatte isst sie mittlerweile auch vertrauensvoll). Manches Mal aber schneidet man so einen perfekt aussehenden Steinpilz ab, hebt ihn hoch, dreht ihn um und traut seinen Augen kaum: die Unterseite ist zerfressen, der Wurm winkt einem rülpsend noch aus einem der Tunnel im Pilzinneren entgegen und zuhause hat man eine Menge Putzarbeit, um eventuell noch ein paar schöne, genießbare Stücke des Dickröhrlings zu retten.

Und so ungefähr war das hier gestern auch. Das Holzhäuschen aus dem 17. Jahrhundert strahlte mir in der Nachmittagssonne entgegen, die Rosen räkelten sich links und rechts neben dem Eingang in der Spätsommerwärme, im Garten stehend guckte ich dem glücklichen Fräulein beim Obstfußball zu, ostwärts lugte einer Befestigungstürme der Stadtmauer über den hölzernen Gartenzaun, im Westen ragten die Spitzen der nahegelegenen Kathedrale hervor, die Kirchenuhr schlug gerade viermal und mahnte zum zweiten Hundefressnapf des Tages, ich stieg auf die Sprossen der Leiter, die am Zwetschenbaum lehnte und konnte von dort aus – Visby hat Hanglage – sogar zum Meer hinuntersehen.
Jetzt bin ich im Paradies gelandet!, so dachte ich. Und dann öffnete ich die knarzende Holztür zu meinem neuen Zuhause – und sah dort quasi die Unterseite des Glückspilzparadiesszenarios.

Sauberkeit ist nämlich des Schweden Sache nicht, wie ich auch auf all meinen vorherigen Schwedenfahrten feststellen durfte. Da müssen Sie schon in die 4-Sterne-Kategorie abheben, und wenn Sie länger als ein Wochenende unterwegs sein wollen und danach noch ihre Münchner Miete weiterbezahlen können möchten, wird das schwierig.

In Ferienwohnungen, -häusern und den „günstigeren“ Hotels bis 140€ pro Nacht und Nase sollten Sie sich keinesfalls grämen, wenn das vor Ihrer Buchung im Netz besichtigte und für schön befundene Bildmaterial vor Ort dann nicht den erwarteten Tatsachen entspricht.
Das abgebildete Zimmer und auch das Sofa ist zwar dasselbe wie auf dem Foto, auch das Bad oder die Küche wurden nicht heimlich zwischen Ihrer Buchung und Ankunft umgebaut, aber wundern Sie sich eben nicht über den konkreten, realen Zustand der Räume und des Mobiliars und auch nicht über die Marmeladenreste Ihres Vorgängers auf dem Stuhl oder die Haare des vor drei Jahren verstorbenen Katers auf der Couch und bitte sowieso nicht über die überall abgestoßenen Fußbodenleisten, die speckigen Läufer und eine dicke Patina gelebten Lebens all over the accomodation.

Der Schwede hat zwar durchaus Geschmack und ein Händchen für Einrichtung und Dekoration, aber mit der Pflege dieser Dinge und einer gewissen Grundsauberkeit hat er’s gar nicht.

(Erlauben Sie mir an dieser Stelle, noch kurz die Sache mit den fehlenden Vorhängen in den meisten schwedischen Häusern zu erläutern: der Schwede, resp. die Schwedin!, dekoriert gern die Fensterbank mit ein paar Objekten, stellt dann ein Lämpchen daneben, das mit Anbruch der Dämmerung eingeschaltet wird, um die Exponate und einen Teil des Raumes zu illuminieren. Die Haltung dahinter ist nun keinesfalls ein „Hey, schaut her Leute, wie hübsch ich meine Bude dekoriert habe!“, denn der Schwede ist größtenteils ein recht dezenter und zurückhaltender Zeitgenosse, sondern eher ein „Hier könnt ihr ruhig reingucken, ich hab nix zu verbergen!“. Mir persönlich gefällt das durchaus, wenn man so durchs nächtliche Städtchen spaziert und durch all die nicht verrammelten Fenster warmes Licht in die dunklen Gassen fällt und man weiter hinten in den Wohnräumen gelegentlich auch die Bewohner dieser Hütten sieht – beim Lesen im Sessel, beim Abwaschen in der Küche, beim Disput mit dem Partner, beim Zusammensitzen mit Freunden, beim ganz gewöhnlichen Leben eben.)

Zurück zur Sauberkeit.
Man streift sich also zwar skandinavienweit grundsätzlich das Schuhwerk vor der Haustür von den Füßen – eine Sitte, die ich sehr begrüße, und nicht auszudenken, wie es erst aussähe, wenn nicht mal das Usus wäre! -, aber das war’s auch schon mit der Reinlichkeitsprophylaxe.
Ein ursprünglich weißer Badvorleger (nicht der glatte à la Toftbo, sondern eher ein flauschigerer à la Skön) steht schon mal locker einen kompletten Sommer durch und landet möglicherweise erst, wenn er so grau ist wie der Novemberregen in der Trommel.
Das Abwischen von Tischen und Küchenarbeitsplatten lohnt auch erst dann, wenn die Klebschicht nicht mehr der Arretierung von Tellern, Schneidebrettern, Gesellschaftsspielen und Laptops dienlich ist, sondern diese Gegenstände dauerhaft zu fixieren droht.
Die kreative Fischsilhouette, die Klein-Olof in seinen allerersten Sommerferien, in denen er aufrecht stehen konnte, mit seinem softeisverschmierten Fingerchen auf den Spiegel im Flur gemalt hat, ist ebenfalls unbedingt erhaltenswert, bis Klein-Olof groß ist und mit seinen eigenen kleinen Olofs zur Ferienzeit in die (groß-)elterliche Stuga zurückkehrt.
Dicken Eisschichten im Kühlschrank kann auch mit dem Erwerb eines günstigen und dauerbrummenden Zweitkühlschranks begegnet werden.
Einen Besen kann man auch dazu nutzen, um ihn so geschickt in die Lücke zwischen Heizkörper und Sofakante zu klemmen, dass der Wollmaus, die ja gern unter Heizkörpern oder Sitzmöbeln lebt, auf diese bestechend einfache Weise der Zugang ins Rauminnere verwehrt wird.
Und ob sie es wagen wird, sich an der mit Wäschklammern am Stehlampenfuß und der Vorhangstange befestigten Verlegung eines TV-Antennenkabels aus ihrem Versteck hervorzuhangeln, darf dann doch bezweifelt werden!

In jedem Schweden steckt ein Stück Ingvar Kamprad, das ihn zum Meister der Bastelei, der Improvisation, des Zusammenschusterns und des schönen Scheins befähigt, denn all das Angeschmuddelte und die Behelfskonstrukte sehen Sie zumeist nicht auf den ersten Blick, sondern erst, wenn das Sonnenlicht oder der ungnädige Strahl eines Halogenspots darauf fallen und die Dinge so zeigen, wie sie eben wirklich sind: verstaubt, vergilbt, verklebt, verranzt, vernachlässigt und vergessen.

*****

Nun kennen Sie den wahren Grund, weshalb Sie hier gestern nichts mehr zu lesen bekamen. Ich habe abends geputzt (das Bad, die Küchennische, die Sitzflächen der Stühle, die Tischoberfläche und alle Küchenutensilien sowie das Geschirr, das ich zu verwenden gedenke) oder meine persönlichen Behelfskonstruktionen über den vorhandenen Behelfskonstruktionen errichtet, um mir hier drin für die nächsten Tage zu behelfen.

Am Einfachsten wird es funktionieren, wenn das Wetter uns weiterhin so hold ist wie in den bisherigen 11 Reisetagen und wir uns hier sowieso überwiegend zum Frühstücken, Ausflügeplanen, Duschen und Schlafen aufhalten – oder eben im Garten sitzen und die salzige Meeresluft, die von der Küste heraufweht, die über Nacht entstandene Staublunge wieder gründlich freipustet.

Haben Sie ein schönes Wochenende und seien Sie herzlich gegrüßt aus Visby!

Inselinsider.

Wenn man vom heutigen Tag die eine Stunde Morgenlauf am Strand, den zweistündigen Spaziergang an den Klippen und die drei Stunden „Begrüßungsdinner“ mit Wenche (meinem Guide hier auf Gotland) und Linda (der Marketingmitarbeiterin des gotländischen Sponsors) abzieht, blieben unglaubliche acht Stunden „zur freien Verfügung“.
Ziehen wir davon noch die Zeiten für Infrastrukturdinge (wie Klamotten aus der Hotelwäscherei abholen, Notizen zu den gestrigen Besichtigungen machen, Mails lesen und schreiben, Telefonate führen, Kisten ein wenig umsortieren, Landkarte und Progamm für morgen studieren) sowie für Essen & Trinken und für Körperpflege ab, sind wir bei ca. vier Stunden.

Was für ein Luxus: vier Stunden Ruhe und Muße!
Endlich Zeit, die vielen Eindrücke mal sacken zu lassen und ein bisschen zu verarbeiten, bevor morgen schon die nächsten Exkursionen anstehen.

Wenche hat mir eine Menge vermittelt über Visby, Gotland, die Inselbewohner, die Schweden und ihr Land. Ich greife nun einfach mal ein paar Punkte aus dem großen Topf der Informationen und Eindrücke heraus.

1a) Der Schwede trinkt – im Büro oder daheim – den ganzen Tag über Kaffee. Der freiberufliche Schwede hat immer seine Thermoskanne mit Kaffee bei sich, um auch unterwegs und bei Auswärtsterminen jederzeit eine Fika abhalten zu können. Wenche schleppte zu meinem Erstaunen gestern den ganzen Tag ihre Kanne mit sich herum, letztlich hat sie sie gar nicht gebraucht, weil wir sowieso zweimal zur Fika einkehrten. Dennoch beruhigt es den Schweden, seine Thermoskanne dabeizuhaben.

1b) Der Schwede liebt Süßkram. Zu jedem Kaffee futtert er irgendwas Süßes. Und für Hemmakväll (=gemütlicher Abend daheim) geht er in einen Laden gleichen Namens und kauft dort säckeweise Zuckerzeug ein. Die Hemmakväll-Candy-Stores haben ihr Angebot praktischerweise bereits um einen Filmverleih erweitert, weil man ja irgendwie unterhalten werden muss, während man den großen Sack voller Bonbons, Lakritz und Gummibärchen verzehrt. Und weil der Schwede Süßkram so liebt, ist auch in fast allen Lebensmitteln, die man nicht im Hemmakväll-Laden kaufen kann, Zucker drin. Im Brot, in Semmeln, im Joghurt, im Quark, in den allermeisten Getränken. Es gibt kaum was Pures oder Ungezuckertes (mit Salz verhält es sich übrigens ähnlich und, was das Allerkrasseste ist: der Schwede kombiniert beides sogar, heut Abend im Restaurant durfte ich einen Schokotrüffel kosten, der mit Salz ummantelt war, puh!).

1c) Der Schwede muss für Alkohol teuer bezahlen, in ein gesondertes Geschäft gehen, um ihn zu erwerben und man könnte meinen, dass das ja den Konsum irgendwie einschränkt, wenn die Beschaffungsmöglichkeiten so unkommod sind. Weit gefehlt. Aber das ist eigentlich ein eigenes Thema, merk ich gerade. Also für heute und hier nur so viel: der Gotländer bzw. die Gotländerin ist unerwartet trinkfest und das noch dazu zu äußerst ungewöhnlichen Tageszeiten. Gefühlt braut hier jeder dritte daheim selbst Bier oder Schnaps.

2. Der Schwede ist ein Mehrhundehalter. Wohingegen der Deutsche ja eher zum Einzelhund tendiert. Von der Mehrhundehaltung (zwei bis fünf Hunde sind in Schweden keine Seltenheit, je nach Rasse/Größe eben – und nebenbei erklärt sich so auch der immer noch reißende Absatz, den der Volvo V70 findet, denn der Schwede ist gern und viel mit dem Auto unterwegs, nicht nur zu IKEA und anderen Einkäufen, sondern auch zum Camping und zu Festivitäten und das alles eben auch mit allen Hunden an Bord) verspricht sich der Schwede, dass die Hunde sich untereinander beschäftigen, was größtenteils erwiesener Irrglaube ist, an dem der Schwede aber gern festhalten möchte, weil er a) kein passionierter Gassigeher ist oder b) denkt, dass das ständige Angeleintsein von Hunden durch das Mitführen mehrerer Hunden ausgeglichen werden könnte („wenn sie schon nicht frei laufen dürfen, dann haben sie sich wenigstens untereinander“). Hat der schwedische Mehrhundehalter zu viel Unruhe in seinem Großrudel, sucht er einen Hundeplatz auf (eingezäunt) und lässt seine Hunde dort von der Leine oder nimmt an Aktivitäten seiner örtlichen Hundeschule teil. Immer mehr in Mode kommt auch die morgendliche Abgabe des gesamten Rudels: Um 7 Uhr bringt der berufstätige, schwedische Mehrhundehalter seine 2 bis 5 Hunde zur Hunddagis (Hundekrippe – wir besichtigten gestern eine), wo sie dann mit 50 anderen Hunden in einem eingezäunten Gelände herumstehen oder -laufen oder – wenn sie nicht so sozialverträglich sind – in abgeschlossenen Abteilen herumliegen müssen.

3. Der Gotländer liebt seine Insel und der Tourismus ist seine Haupteinnahmequelle. Der mehr und mehr ausufernde Tourismus spült aber nicht nur Geld nach Gotland, sondern eine Menge Probleme, die die Insel langsam aber sicher ruinieren, was den Gotländer schmerzt, da er seine Insel ja liebt. Diese Probleme beginnen beim Wasser: Damit die Touristen zweimal am Tag duschen können, müssen die Einheimischen Wasser sparen, erhalten in der Hauptsaison Auflagen, nur jeden zweiten Tag zu duschen oder ihre Gärten nicht mehr zu wässern. Es geht weiter bei den Gütern, die per Schiff oder Flugzeug importiert werden müssen, damit neben dem Bedarf der Einheimischen auch die Touristen hier alles vorfinden, was ihr Touristenherz begehrt. Der Fähr- und Flugverkehr hat extrem zugenommen, worunter die Umwelt leidet, ganz zu schweigen vom Müllentsorgungsproblem (Gotland verschifft Großteile seines Müll zurück aufs Festland, wofür wieder Fährverkehr anfällt). Ein Sonderproblem sind die Kreuzfahrtschiffe. Mindestens jeden zweiten Tag während der Saison legen ein bis zwei solcher Mega-Kreuzer hier an, spucken Aberhunderte von Tagestouristen aus, die hier 2 bis 5 Stunden Aufenthalt haben. Wie eine Heuschreckenplage fallen die dann alle zeitgleich in die Altstadt ein, strömen in die Geschäfte, Cafés und Lokale. Es wurden extra mehrere neue Wege angelegt, eigens um diese Besucherströme zu kanalisieren, zugleich wurden auf den Straßen Bodenwellen eingebaut, damit ja kein Gotländer so einen übergewichtigen Ruhrpott-Onkel oder eine geldige Russen-Trulla zusammenfährt, wenn die sich und ihren Zaster mal wieder nicht auf den vorgesehen Wegen Richtung Altstadt schieben, sondern quer über die Straßen tapern. Um all diese Menschenmassen zu bedienen (in den Geschäften, Cafés und Lokalen), braucht man in der Hauptsaison Unmengen an Personal. Das wird größtenteils schlecht bezahlt und nach der Saison in den nächsten schlecht bezahlten Saisonjob anderswohin verabschiedet. So funktioniert das in einer Touristenhochburg. Mit Ende der Hauptsaison (=Ende August / Anfang September) schließen die meisten Geschäfte, Cafés und Lokale. Es lohnt sich dann einfach nicht mehr, auf ein paar Individualreisende zu warten, die vielleicht auch gern mal was essen und trinken möchten, am Ende sogar noch mit ihrem Einzel-Köter im Schlepptau. Der Gotländer, der seine Insel ja eigentlich so liebt, ist mit dem gotländischen Sommer längst in einer Art Hassliebe verbunden. Einerseits ist er auf die Einnahmen durch den Tourismus angewiesen und vergöttert seine so sonnenreichen Inselsommer, andererseits kann er seine wunderschöne Hauptstadt nicht mehr betreten, weil sie aus allen Nähten platzt, geschweige denn genießen (aus den beschriebenen Gründen). Wer auch immer es sich leisten kann (heißt: nicht vom Tourismus leben muss), haut im Sommer ab, irgendwohin aufs Festland, wo er seine Ruhe hat. Weil sich das aber kaum jemand leisten kann, ziehen die jungen Gotländer gleich nach Beendigung der Schule aufs Festland, was nach und nach zu einer Überalterung der Inselbewohner führt, die je älter sie werden auch umso gebrechlicher werden, weshalb sie noch mehr Saisonkräfte vom Festland anheuern müssen. Den durch die Festlandflucht der Jugend frei werdenden Wohnraumkaufen kaufen sich reiche Leute vom Festland, die dann wiederum ausschließlich für ihre Sommerfrische nach Gotland kommen, den Rest des Jahres stehen die Quartiere leer. Visby wirkt bereits Anfang September in den Abendstunden wie ausgestorben. Mich persönlich stört das nicht, ich möchte nicht geschenkt zur Hauptsaison hier sein, aber die Gründe für die geisterstadtähnliche Atmosphäre in manchen Vierteln stören mich sehr wohl. Und zugleich bin ich ein Teil dieser ratternden Maschinerie, denn das größte Tourismusunternehmen Gotlands hat mich zu dieser Reise eingeladen, um Werbung für seine großartige Insel zu machen, um sich neue Touristengruppen zu erschließen (hier: Individualreisende mit Hund), gern auch Kundschaft, die endlich mal in der Nebensaison herkommen möchte, damit hier das ganze Jahr was zu tun und zu verdienen ist.

4. Ab Anfang September sind die ländlichen Gebiete von Gotland (und die machen 90% der Inselfläche aus!) nahezu menschenleer. In Visby ist das tagsüber noch nicht zu spüren, aber auf der restlichen Insel ist alles leergefegt. Für unsere morgige Exkursion in den Norden der Insel (genauer gesagt: auf die vorgelagerte Insel Farö, die sehr berühmt ist, weil Ingmar Bergman wegen des besonderen Lichts, der einzigartigen Natur und der imposanten Raukar dort lebte, etliche seiner Filme drehte und schließlich starb), suchte Wenche die Stecknadeln im Heuhaufen: a) ein Lokal, in dem wir zum Dagens Lunch (wie der Mittagstisch in den Restaurants hier heißt) einkehren können und b) eine Unterkunft, die noch geöffnet hat und mich & das Dackelfräulein für zwei Nächte beherbergen möchte. Lediglich der Besuch einer Gotlandschaf-Farm (ein Wunsch von mir) war einfach zu organisieren, denn die Schafe verschwinden ja nicht mit Saisonende, sondern bleiben ganzjährig auf Gotland. Ich bin froh, dass Wenche hier jeden Stein, jedes Schaf und jeden Einheimischen zu kennen scheint und noch dazu ein Organisationstalent ist. Sie hat ein Lokal gefunden, das erst Ende der Woche seine Pforten schließt, uns also morgen Mittag noch bekochen wird, sie hat über ihre guten Beziehungen einen Hotelchef überreden können, mir für zwei Tage ein Ferienhäuschen zu überlassen (zwar mit dem Zugeständnis, dass es dort kein Frühstück geben wird, weil das Personal schon abgereist ist, aber Wenche wird mir einen Picknickkorb voll Verpflegung mitbringen und vermutlich überlässt sie mir auch ihre gefüllte Thermoskanne) und sie hat mir alles gründlich notiert, was ich mir auf Farö angucken kann, denn sie fährt abends mit dem Bus zurück nach Visby. Ich werde also mit Kaffee, gezuckertem Brot und pappsüßer Marmelade quasi ganz allein auf Farö sein und den Geist Bergmans spuken hören oder sehen.

5. Das ausgestorbene Nachsaison-Gotland gewinnt nicht nur an landschaftlichen Reizen und an rauem Charme, sondern auch an Projektionsflächen für alle möglichen und unmöglichen düsteren Visionen. Die Raukar werfen unheimlichere Schatten auf die Strände als sonst, weil die Sonne tiefer steht. Das Schreien der Küstenvögel schrillt plötzlich wie ein gequälter Hilferuf durch die Dämmerung, das gewöhnliche Blöken der Schafherden klingt wie mystisches Gegrummel von Trollen, und die herbstlichen Winde verteilen all diese Geräusche bis in die letzten Verästelungen jedes Hagebuttenstrauchs und in alle Ritzen des Kalkgesteins, aus dem die gesamte Insel besteht. Die schlichten Steinhäuser, die schmucklosen weißen Kirchen und die uralten Holzkaten werden zu perfekten Drehorten für Schwedenkrimis. Gotland ist extrem beliebt bei Filmteams, speziell, was Psychothriller und Krimiserien angeht. Kein Wunder.

*****

Belassen wir es für heute mal bei diesen fünf Punkten. Wenn es auf Farö ein Off-Season-WLAN geben sollte oder überhaupt irgendeine Art Netzzugang, dann hören Sie von dort aus wieder von uns.

So ein paar Impressionen von den besonderen Raukar auf Farö, dem nördlichsten Leuchtturm Gotlands und den blökenden, graufelligen Genossen würde ich schon gern mit Ihnen teilen, wenn ich abends mit Wenches Thermoskanne, meinem Weißbier und dem Fräulein auf dem Schoß in eine Schafwolldecke gehüllt im Schein eines flackernden Windlichts auf der ansonsten stockdunklen Veranda des einsamen Häuschens sitze.

Bis dahin & gute Nacht zusammen!

Visby, Strandpromenade, gestern Abend.

Die Stadtmauer leuchtet in den letzten Strahlen der untergehenden Sonnen, wir umrunden einmal die gesamte Altstadt.

An jeder Ecke gibt es etwas zu bestaunen, vor allem ist dieses Abendlicht einfach so wunderschön, und auch das Meeresrauschen und der milde Wind sind ein Genuss.

Plötzlich flippt die von dem langen Tag eigentlich ziemlich erschöpfte Hundedame völlig aus:

Sie hat im Laub einen Korken gefunden!

Es sind ja oft die kleinen Dinge, die so ein Hundeherz höher schlagen lassen. Außer, wenn es um Fressbares geht.

Schwer zu sagen…

…ob das heutige Highlight eher die halbe Stunde mit Pippa in der Villa Villekulla war, in der wir privatissime auf dem Kleinen Onkel herumturnen und allerlei anderen Blödsinn machen durften (Kindheitsträume wurden wahr und es ist absolut zum Piepen, wie der Pippi-Song auf Schwedisch klingt!)…

…oder das sich an das Pippi-Langstrumpf-Abenteuer anschließende Stündchen bei Rob in seiner kleinen Scheunenbrauerei vor den Toren Visbys, in der ich mich munter durch ein paar Empfehlungen unter den zwanzig Biersorten süffeln durfte.

Alter Schwede, was man hier zur Mittagsstunde schon so packt! Und bemerkenswert auch, was für ein Interesse einem von dem passionierten Bierbrauer entgegengebracht wird, wenn man erzählt, wo man herkommt.

Zum Dank für die Verköstigung opferte ich beim Abschied spontan eine meiner Weißbierflaschen aus dem Kofferraum, denn das ist hier defintiv noch eine Lücke im Angebot – und Rob strahlte übers ganze Gesicht, als ich ihm die Schneider Weiße in die Hand drückte (vielleicht sollte ich Markenbotschafterin werden?!)

Nach 8 Stunden Unterwegssein mit Wenche – was ja noch viel mehr beinhaltete als die beiden genannten Programmpunkte – sanken das Dackelfräulein und ich anschließend völlig fertig auf die Couch.

Morgen ist Hemmakväll angesagt. Das ist, wie ich heute gelernt habe, in Schweden fast genauso wichtig wie Fika.

Schlafen Sie gut & herzliche Grüße aus Gotland!

Oxelösund => Nynäshamn => Visby.

Das Schlosshotel bei Oxelösund hat die Minuspunkte beim Bad locker mit dem Frühstücksbuffet wettgemacht – seit dem Letzten Heller nicht mehr so gut gefrühstückt! Und nach einer Nacht im Doppelbett heut auch mal wieder in der Lage gewesen zu einem Morgensport.

Ein schöner Lauf über Stock und Stein, an der Küste entlang, durch Kiefernwälder, vorbei an roten und gelben Bilderbuchschwedenhäuschen und in Sandbuchten picknickenden Menschen. Die Sonne scheint, ein paar Wölkchen zieren den Himmel, eine angenehme Brise geht – sogar die Ersatzschuhe sind besser als gedacht.

Leider beim Morgenlauf dauergegrübelt über eine Symptomatik, die sich in den letzten Wochen mehr und mehr an mich herangepirscht hat und mich zunehmend piesackt und beschäftigt. Sollte sich meine Eigendiagnose im Oktober, wenn ich in München einen Arzt hierzu konsultiere, bewahrheiten, dann wär’s meine dritte Autoimmunerkrankung  (ein totaler Mist wär‘ das, gelinde gesagt). Aber momentan bin ich ja weit weg von allen deutschen Arztpraxen (und um eine schwedische werde ich hoffentlich herumkommen, nicht, weil ich denen nix zutraue, sondern weil – zumindest gefühlt! – die Reise dann gelaufen wäre).

Wo waren wir? Gelaufen, genau. Es lief sich also gut heute Morgen. Anschließend das Auto vor das Nebengebäude gefahren und wie jeden Morgen 7x gelaufen, bis all unser Krempel wieder verstaut war (die Kisten sind thematisch gepackt, so finde ich mich am besten zurecht, wenngleich eine „Tageskiste“ praktischer wäre).
Route angeguckt und eingeprägt – und „Adieu Oxelösund!“.

Anderthalb Stunden später am südlichsten Zipfel des Stockholmer Schärengartens wieder ausgestiegen. Was für eine Landschaft!

Wir parken in Lövhagen (Sackgasse, da Ende eines Schärenfingers) und klettern auf und ab über riesige Steingebilde, gelangen zu stillen Badeplätzen, sausen über Wiesen (den Kriebelmücken davon: ca. 20 Stiche in 20 Minuten) und kehren noch auf ein Eis in Lövhagens Café ein.

Der Ort der Hundebespaßung liegt strategisch günstig, von dort sind es nur noch 7 Minuten zum Fährhafen von Nynäshamn. Dieser riesige Kahn von der Reederei Destination Gotland liegt schon im Hafen und ist so groß, dass er nicht aufs Foto passt.

Am Check-In für die Autowartespuren erhalten wir unsere Bordkarte und das obligatorische Djur-Schild, fahren zur zugewiesenen Lane 1 und sind Auto Nr.2 in der Hundehalter-Spur.

Je näher die Abfahrtszeit rückt, desto deutlicher hebt sich diese Wartespur von allen anderen ab: Überall offene Türen und Heckklappen, zwecks Luft oder Austritt, vorbildlich! Die nervösen Hunde pinkeln alle 2 Meter an die Grasnarbe neben der Terminalmauer, andere wollen sich keinesfalls auf dieser abgenutzten Pinkelmeile erleichtern. Pippa war lang genug spazieren, so dass ich sie einfach im Auto lasse.

Nach einer halben Stunde kommt das Signal zum Einfahren, vierspurig geht es in den Bauch der Fähre hinein. Dann zack, zack raus aus dem Auto und das Parkdeck verlassen, rein ins enge Treppenhaus, mit Rucksack auf dem Rücken, Körbchen unter dem linken und dem Dackelfräulein unter dem rechten Arm. Nach einigem Hin und Her und Umherirren durch die ellenlangen Gänge und diverse Treppenhäuser, finde ich endlich den roten Automaten, an dem ich Teil 2 meiner Bordkarte einscannen muss, um die Türnummer und -karte zu der für uns reservierten Pet Cabin zu erhalten.

Holla!
Ja endlich hat mal jemand verstanden, wie die beiden Damen zu reisen wünschen. Nicht mit Krethi und Plethi in der Economy Class, so wie noch am 2. September 2014, als das Fräulein und ich erstmals nach Gotland fuhren, sondern in einer Suite für uns allein. Der Hammer: die hat sogar ein Privatbad mit drin (sogar sauberer und auch nicht kleiner als manch schwedische Hotelbäder).
Muss man sich merken, das hätte was, in die mehrstündige Fährfahrt mal die Körperpflege zu integrieren…
Mir ist aber nicht nach Duschen, sondern nach Nervenberuhigung, denn das war schon alles irgendwie aufregend: finden wir den Weg zum recherchierten Gassi-Areal, sind wir pünktlich am Hafen, erledigt das Fräulein zuvor all ihre Geschäfte, klappt das Einchecken, packt der Ellenbogen die Schlepperei von Kind und Kegel bis zur Kabine, vergess ich nichts im Auto usw.

Auf dem Außendeck ist es so windig, dass man tolle Fotos von senkrecht nach oben stehenden Dackelohren machen könnte, wenn es einen in der Hocke nicht umpusten würde.
An Backbord ist es wolkenverhangen, Steuerbord bietet Sonnenschein, aber der krasse Wind ist überall. Also nur ein bisschen rumgeknipst und schnell wieder rein. Drinnen dann auch nochmal eine Fotosession, um den beruflichen Part der Veranstaltung zu erledigen – schließlich ist das eine gesponserte Reise und es soll mal ein hübscher Artikel draus werden, den man auch bebildern möchte.

Nach gut drei Stunden ist wieder Land in Sicht. Wieder mit Kind und Kegel runter ins Parkdeck, dann öffnet sich die Rampe und ich sehe ein erstes Stück Himmel über Gotland. Hurra, wir haben es geschafft!

Das Hotel ist auch schnell gefunden, das für uns dort reservierte Zimmer eine schöne Fortführung der Pet Cabin: eine kleine Suite mit Wohn- und Schlafraum, einem für schwedische Verhältnisse luxuriös großem Bad und natürlich den unvermeidbaren Hygieneauflagen auf dem Doppelbett – aber zum Trost dafür ein Willkommenstascherl mit Broschüren, persönlichem Kärtchen, Leckereien für mich und das Fräulein sowie der Agenda für die nächsten Tage.

Kann ich gar nicht ausgiebig studieren, denn Pippa, die die Stunden auf der Fähre sehr brav gemeistert hat, verlangt nach etwas Bewegung. Also brechen wir sofort zu einem kleinen Rundgang durch Visby auf, zumindest hatte ich nur einen kleinen vor, aber dann war’s sowas von schön (diese Stadtmauer, diese Wiesen, diese hügelige, zum Meer hin sanft abfallende Altstadt, die windschiefen, kleinen, uralten Häuschen in den engen Gässchen, überall die Fenster erleuchtet und drinnen tatsächlich echte Menschen und echtes Leben, kein Museum das alles), einfach wunderschön, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schön!, und werden jetzt auch noch nichts davon zu sehen bekommen, weil ich für diesen ersten Spaziergang bewusst Kamera und Handy im Hotel gelassen hatte, um bloß zu gehen und zu schauen.

Und das war nicht nur für die ersten beiden Stunden nach Ankunft hier auf der Insel eine gute Maßnahme, sondern vor allem deshalb, weil wir nach diesen zwei Stunden triefnass wieder zum Hotel zurückkamen.
Unterwegs ganz plötzlich ein Donnergrollen, dabei hatte es grad noch milde 24 Grad und im Westen versank die Sonne wie ein roter Ball in der Ostsee, und schon ging es los und ereilte uns erst schubweise, so dass wir immer noch ein paar Meter zum nächsten Unterstand sprinten konnten, aber am Ende war’s neben Blitz und Donner ein einziger Dauerregen, der in strömenden Bächen die Gassen der Stadt hinuntertoste und der mir Handy und Kamera ruiniert hätte, weil ich lediglich in Jeans und Bluse, aber ohne Jacke und Rucksack unterwegs war…

Mittlerweile sind wir gebadet, trocken, in unseren Gemächern eingerichtet und ich liege ich im Bett, Pippa liegt in meiner Kniekehle – und vor uns liegen neun Tage auf Gotland. Was für eine Aussicht!

Es wäre einem ja jetzt erstmal nach ein bis zwei Tagen ausschließlichem Geradeausgucken, Dasitzen und Ankommen, aber nix da – das ist ja eine Dienstreise, morgen wird ein voller Tag, unsere Privatführerin Wenche holt uns gleich nach dem Frühstück hier ab.

Daher nun schnell einen Gute-Nacht-Gruß in die Heimat & bis vermutlich übermorgen, da hab ich frei!