Eiche brutal: Ein Nachmittag in Klein-Amsterdam.

Nach einem langen Deichmarsch zwischen Hemmerwurth und dem Wesselburenerkoog noch einen Abstecher nach Friedrichstadt gemacht (merke: immer zuerst raus in die Natur und den Hund richtig sausen lassen und alles Städtische im Anschluss machen, dann trottet das Dackelfräulein ganz brav, geduldig und ohne jedes Genöle mit uns durch zig Gässchen und verpennt selig den Cafébesuch).

Friedrichstadt, dieses pittoreske Miniatur-Amsterdam, muss an sonnigen Wochenendtagen in der Hochsaison ein Alptraum sein: mehrere Busladungen voller Touristen (den Parkplatzgrößen nach zu urteilen) werden da durch die winzige Puppenstubenstadt tapern oder sich auf Ausflugsbooten durch die Grachten schippern lassen.

Schon an einem Nachsaison-Freitag bei eher bedecktem Himmel war dort nicht gerade wenig los.

Aber wie so oft trügt der Schein und es finden sich durchaus etliche Kratzer im bunten Lack der Holland-Idylle.

Durch das Städtchen fließen die Eider, die Treene und die Sorge, was ja schon recht trist klingt, zumindest kommen Flüsse wie die Wupper, die Kleine Laber oder die Lippe irgendwie fröhlicher daher.

Und dann wäre da noch die Sache mit den Pilzen in Friedrichstadt. Die armen Gewächse hat man erst grausam geköpft, um sie danach körbeweise bekifften Touris anzubieten – und an der Kasse gibt’s dann zu jeder Kappe einen Einheitsstengel dazu.

Wer den Blick von den hübschen Ornamenten über den Haustüren mal kurz ein Stück nach unten schweifen lässt, der wird alle naslang mit Hinweisschildern behelligt, auf denen alles (im Norden) Erfreuliche verboten ist.

Der Hammer fand sich schließlich mitten in der putzigen Prinzenstraße, eine der Haupt-Shopping- und Café-Meilen Friedrichstadts.

Das ist vermutlich die grausame Wahrheit hinter den schnuckligen Holzgondeln, mit denen man durch Eider, Treene und Sorge fährt…

Einen Nachmittag lang kann man da aber schon mal herumspazieren, durch Friedrichstadt.
Meine Empfehlung: keine Pilze kaufen, keine Bootsfahrt machen, sondern ein Stück sahnige Schwedentorte oder doppelstöckige Stachelbeertorte im Café Blumenhaus, direkt gegenüber von „Eiche brutal“ genießen.

Anschließend schwitzt man sich die paar Kalorien einfach in der Heimsauna wieder raus…

…und freut sich an der rasanten Hasenvermehrung im Ferienhausgärtchen.

Ein entspanntes Wochenende wünsche ich Ihnen!

Werbung

Inselinsider.

Wenn man vom heutigen Tag die eine Stunde Morgenlauf am Strand, den zweistündigen Spaziergang an den Klippen und die drei Stunden „Begrüßungsdinner“ mit Wenche (meinem Guide hier auf Gotland) und Linda (der Marketingmitarbeiterin des gotländischen Sponsors) abzieht, blieben unglaubliche acht Stunden „zur freien Verfügung“.
Ziehen wir davon noch die Zeiten für Infrastrukturdinge (wie Klamotten aus der Hotelwäscherei abholen, Notizen zu den gestrigen Besichtigungen machen, Mails lesen und schreiben, Telefonate führen, Kisten ein wenig umsortieren, Landkarte und Progamm für morgen studieren) sowie für Essen & Trinken und für Körperpflege ab, sind wir bei ca. vier Stunden.

Was für ein Luxus: vier Stunden Ruhe und Muße!
Endlich Zeit, die vielen Eindrücke mal sacken zu lassen und ein bisschen zu verarbeiten, bevor morgen schon die nächsten Exkursionen anstehen.

Wenche hat mir eine Menge vermittelt über Visby, Gotland, die Inselbewohner, die Schweden und ihr Land. Ich greife nun einfach mal ein paar Punkte aus dem großen Topf der Informationen und Eindrücke heraus.

1a) Der Schwede trinkt – im Büro oder daheim – den ganzen Tag über Kaffee. Der freiberufliche Schwede hat immer seine Thermoskanne mit Kaffee bei sich, um auch unterwegs und bei Auswärtsterminen jederzeit eine Fika abhalten zu können. Wenche schleppte zu meinem Erstaunen gestern den ganzen Tag ihre Kanne mit sich herum, letztlich hat sie sie gar nicht gebraucht, weil wir sowieso zweimal zur Fika einkehrten. Dennoch beruhigt es den Schweden, seine Thermoskanne dabeizuhaben.

1b) Der Schwede liebt Süßkram. Zu jedem Kaffee futtert er irgendwas Süßes. Und für Hemmakväll (=gemütlicher Abend daheim) geht er in einen Laden gleichen Namens und kauft dort säckeweise Zuckerzeug ein. Die Hemmakväll-Candy-Stores haben ihr Angebot praktischerweise bereits um einen Filmverleih erweitert, weil man ja irgendwie unterhalten werden muss, während man den großen Sack voller Bonbons, Lakritz und Gummibärchen verzehrt. Und weil der Schwede Süßkram so liebt, ist auch in fast allen Lebensmitteln, die man nicht im Hemmakväll-Laden kaufen kann, Zucker drin. Im Brot, in Semmeln, im Joghurt, im Quark, in den allermeisten Getränken. Es gibt kaum was Pures oder Ungezuckertes (mit Salz verhält es sich übrigens ähnlich und, was das Allerkrasseste ist: der Schwede kombiniert beides sogar, heut Abend im Restaurant durfte ich einen Schokotrüffel kosten, der mit Salz ummantelt war, puh!).

1c) Der Schwede muss für Alkohol teuer bezahlen, in ein gesondertes Geschäft gehen, um ihn zu erwerben und man könnte meinen, dass das ja den Konsum irgendwie einschränkt, wenn die Beschaffungsmöglichkeiten so unkommod sind. Weit gefehlt. Aber das ist eigentlich ein eigenes Thema, merk ich gerade. Also für heute und hier nur so viel: der Gotländer bzw. die Gotländerin ist unerwartet trinkfest und das noch dazu zu äußerst ungewöhnlichen Tageszeiten. Gefühlt braut hier jeder dritte daheim selbst Bier oder Schnaps.

2. Der Schwede ist ein Mehrhundehalter. Wohingegen der Deutsche ja eher zum Einzelhund tendiert. Von der Mehrhundehaltung (zwei bis fünf Hunde sind in Schweden keine Seltenheit, je nach Rasse/Größe eben – und nebenbei erklärt sich so auch der immer noch reißende Absatz, den der Volvo V70 findet, denn der Schwede ist gern und viel mit dem Auto unterwegs, nicht nur zu IKEA und anderen Einkäufen, sondern auch zum Camping und zu Festivitäten und das alles eben auch mit allen Hunden an Bord) verspricht sich der Schwede, dass die Hunde sich untereinander beschäftigen, was größtenteils erwiesener Irrglaube ist, an dem der Schwede aber gern festhalten möchte, weil er a) kein passionierter Gassigeher ist oder b) denkt, dass das ständige Angeleintsein von Hunden durch das Mitführen mehrerer Hunden ausgeglichen werden könnte („wenn sie schon nicht frei laufen dürfen, dann haben sie sich wenigstens untereinander“). Hat der schwedische Mehrhundehalter zu viel Unruhe in seinem Großrudel, sucht er einen Hundeplatz auf (eingezäunt) und lässt seine Hunde dort von der Leine oder nimmt an Aktivitäten seiner örtlichen Hundeschule teil. Immer mehr in Mode kommt auch die morgendliche Abgabe des gesamten Rudels: Um 7 Uhr bringt der berufstätige, schwedische Mehrhundehalter seine 2 bis 5 Hunde zur Hunddagis (Hundekrippe – wir besichtigten gestern eine), wo sie dann mit 50 anderen Hunden in einem eingezäunten Gelände herumstehen oder -laufen oder – wenn sie nicht so sozialverträglich sind – in abgeschlossenen Abteilen herumliegen müssen.

3. Der Gotländer liebt seine Insel und der Tourismus ist seine Haupteinnahmequelle. Der mehr und mehr ausufernde Tourismus spült aber nicht nur Geld nach Gotland, sondern eine Menge Probleme, die die Insel langsam aber sicher ruinieren, was den Gotländer schmerzt, da er seine Insel ja liebt. Diese Probleme beginnen beim Wasser: Damit die Touristen zweimal am Tag duschen können, müssen die Einheimischen Wasser sparen, erhalten in der Hauptsaison Auflagen, nur jeden zweiten Tag zu duschen oder ihre Gärten nicht mehr zu wässern. Es geht weiter bei den Gütern, die per Schiff oder Flugzeug importiert werden müssen, damit neben dem Bedarf der Einheimischen auch die Touristen hier alles vorfinden, was ihr Touristenherz begehrt. Der Fähr- und Flugverkehr hat extrem zugenommen, worunter die Umwelt leidet, ganz zu schweigen vom Müllentsorgungsproblem (Gotland verschifft Großteile seines Müll zurück aufs Festland, wofür wieder Fährverkehr anfällt). Ein Sonderproblem sind die Kreuzfahrtschiffe. Mindestens jeden zweiten Tag während der Saison legen ein bis zwei solcher Mega-Kreuzer hier an, spucken Aberhunderte von Tagestouristen aus, die hier 2 bis 5 Stunden Aufenthalt haben. Wie eine Heuschreckenplage fallen die dann alle zeitgleich in die Altstadt ein, strömen in die Geschäfte, Cafés und Lokale. Es wurden extra mehrere neue Wege angelegt, eigens um diese Besucherströme zu kanalisieren, zugleich wurden auf den Straßen Bodenwellen eingebaut, damit ja kein Gotländer so einen übergewichtigen Ruhrpott-Onkel oder eine geldige Russen-Trulla zusammenfährt, wenn die sich und ihren Zaster mal wieder nicht auf den vorgesehen Wegen Richtung Altstadt schieben, sondern quer über die Straßen tapern. Um all diese Menschenmassen zu bedienen (in den Geschäften, Cafés und Lokalen), braucht man in der Hauptsaison Unmengen an Personal. Das wird größtenteils schlecht bezahlt und nach der Saison in den nächsten schlecht bezahlten Saisonjob anderswohin verabschiedet. So funktioniert das in einer Touristenhochburg. Mit Ende der Hauptsaison (=Ende August / Anfang September) schließen die meisten Geschäfte, Cafés und Lokale. Es lohnt sich dann einfach nicht mehr, auf ein paar Individualreisende zu warten, die vielleicht auch gern mal was essen und trinken möchten, am Ende sogar noch mit ihrem Einzel-Köter im Schlepptau. Der Gotländer, der seine Insel ja eigentlich so liebt, ist mit dem gotländischen Sommer längst in einer Art Hassliebe verbunden. Einerseits ist er auf die Einnahmen durch den Tourismus angewiesen und vergöttert seine so sonnenreichen Inselsommer, andererseits kann er seine wunderschöne Hauptstadt nicht mehr betreten, weil sie aus allen Nähten platzt, geschweige denn genießen (aus den beschriebenen Gründen). Wer auch immer es sich leisten kann (heißt: nicht vom Tourismus leben muss), haut im Sommer ab, irgendwohin aufs Festland, wo er seine Ruhe hat. Weil sich das aber kaum jemand leisten kann, ziehen die jungen Gotländer gleich nach Beendigung der Schule aufs Festland, was nach und nach zu einer Überalterung der Inselbewohner führt, die je älter sie werden auch umso gebrechlicher werden, weshalb sie noch mehr Saisonkräfte vom Festland anheuern müssen. Den durch die Festlandflucht der Jugend frei werdenden Wohnraumkaufen kaufen sich reiche Leute vom Festland, die dann wiederum ausschließlich für ihre Sommerfrische nach Gotland kommen, den Rest des Jahres stehen die Quartiere leer. Visby wirkt bereits Anfang September in den Abendstunden wie ausgestorben. Mich persönlich stört das nicht, ich möchte nicht geschenkt zur Hauptsaison hier sein, aber die Gründe für die geisterstadtähnliche Atmosphäre in manchen Vierteln stören mich sehr wohl. Und zugleich bin ich ein Teil dieser ratternden Maschinerie, denn das größte Tourismusunternehmen Gotlands hat mich zu dieser Reise eingeladen, um Werbung für seine großartige Insel zu machen, um sich neue Touristengruppen zu erschließen (hier: Individualreisende mit Hund), gern auch Kundschaft, die endlich mal in der Nebensaison herkommen möchte, damit hier das ganze Jahr was zu tun und zu verdienen ist.

4. Ab Anfang September sind die ländlichen Gebiete von Gotland (und die machen 90% der Inselfläche aus!) nahezu menschenleer. In Visby ist das tagsüber noch nicht zu spüren, aber auf der restlichen Insel ist alles leergefegt. Für unsere morgige Exkursion in den Norden der Insel (genauer gesagt: auf die vorgelagerte Insel Farö, die sehr berühmt ist, weil Ingmar Bergman wegen des besonderen Lichts, der einzigartigen Natur und der imposanten Raukar dort lebte, etliche seiner Filme drehte und schließlich starb), suchte Wenche die Stecknadeln im Heuhaufen: a) ein Lokal, in dem wir zum Dagens Lunch (wie der Mittagstisch in den Restaurants hier heißt) einkehren können und b) eine Unterkunft, die noch geöffnet hat und mich & das Dackelfräulein für zwei Nächte beherbergen möchte. Lediglich der Besuch einer Gotlandschaf-Farm (ein Wunsch von mir) war einfach zu organisieren, denn die Schafe verschwinden ja nicht mit Saisonende, sondern bleiben ganzjährig auf Gotland. Ich bin froh, dass Wenche hier jeden Stein, jedes Schaf und jeden Einheimischen zu kennen scheint und noch dazu ein Organisationstalent ist. Sie hat ein Lokal gefunden, das erst Ende der Woche seine Pforten schließt, uns also morgen Mittag noch bekochen wird, sie hat über ihre guten Beziehungen einen Hotelchef überreden können, mir für zwei Tage ein Ferienhäuschen zu überlassen (zwar mit dem Zugeständnis, dass es dort kein Frühstück geben wird, weil das Personal schon abgereist ist, aber Wenche wird mir einen Picknickkorb voll Verpflegung mitbringen und vermutlich überlässt sie mir auch ihre gefüllte Thermoskanne) und sie hat mir alles gründlich notiert, was ich mir auf Farö angucken kann, denn sie fährt abends mit dem Bus zurück nach Visby. Ich werde also mit Kaffee, gezuckertem Brot und pappsüßer Marmelade quasi ganz allein auf Farö sein und den Geist Bergmans spuken hören oder sehen.

5. Das ausgestorbene Nachsaison-Gotland gewinnt nicht nur an landschaftlichen Reizen und an rauem Charme, sondern auch an Projektionsflächen für alle möglichen und unmöglichen düsteren Visionen. Die Raukar werfen unheimlichere Schatten auf die Strände als sonst, weil die Sonne tiefer steht. Das Schreien der Küstenvögel schrillt plötzlich wie ein gequälter Hilferuf durch die Dämmerung, das gewöhnliche Blöken der Schafherden klingt wie mystisches Gegrummel von Trollen, und die herbstlichen Winde verteilen all diese Geräusche bis in die letzten Verästelungen jedes Hagebuttenstrauchs und in alle Ritzen des Kalkgesteins, aus dem die gesamte Insel besteht. Die schlichten Steinhäuser, die schmucklosen weißen Kirchen und die uralten Holzkaten werden zu perfekten Drehorten für Schwedenkrimis. Gotland ist extrem beliebt bei Filmteams, speziell, was Psychothriller und Krimiserien angeht. Kein Wunder.

*****

Belassen wir es für heute mal bei diesen fünf Punkten. Wenn es auf Farö ein Off-Season-WLAN geben sollte oder überhaupt irgendeine Art Netzzugang, dann hören Sie von dort aus wieder von uns.

So ein paar Impressionen von den besonderen Raukar auf Farö, dem nördlichsten Leuchtturm Gotlands und den blökenden, graufelligen Genossen würde ich schon gern mit Ihnen teilen, wenn ich abends mit Wenches Thermoskanne, meinem Weißbier und dem Fräulein auf dem Schoß in eine Schafwolldecke gehüllt im Schein eines flackernden Windlichts auf der ansonsten stockdunklen Veranda des einsamen Häuschens sitze.

Bis dahin & gute Nacht zusammen!

Schwer zu sagen…

…ob das heutige Highlight eher die halbe Stunde mit Pippa in der Villa Villekulla war, in der wir privatissime auf dem Kleinen Onkel herumturnen und allerlei anderen Blödsinn machen durften (Kindheitsträume wurden wahr und es ist absolut zum Piepen, wie der Pippi-Song auf Schwedisch klingt!)…

…oder das sich an das Pippi-Langstrumpf-Abenteuer anschließende Stündchen bei Rob in seiner kleinen Scheunenbrauerei vor den Toren Visbys, in der ich mich munter durch ein paar Empfehlungen unter den zwanzig Biersorten süffeln durfte.

Alter Schwede, was man hier zur Mittagsstunde schon so packt! Und bemerkenswert auch, was für ein Interesse einem von dem passionierten Bierbrauer entgegengebracht wird, wenn man erzählt, wo man herkommt.

Zum Dank für die Verköstigung opferte ich beim Abschied spontan eine meiner Weißbierflaschen aus dem Kofferraum, denn das ist hier defintiv noch eine Lücke im Angebot – und Rob strahlte übers ganze Gesicht, als ich ihm die Schneider Weiße in die Hand drückte (vielleicht sollte ich Markenbotschafterin werden?!)

Nach 8 Stunden Unterwegssein mit Wenche – was ja noch viel mehr beinhaltete als die beiden genannten Programmpunkte – sanken das Dackelfräulein und ich anschließend völlig fertig auf die Couch.

Morgen ist Hemmakväll angesagt. Das ist, wie ich heute gelernt habe, in Schweden fast genauso wichtig wie Fika.

Schlafen Sie gut & herzliche Grüße aus Gotland!

Sweet Soltitüde oder: Ein Streifzug durch Flensburg.

…und als ich die Autotür öffnete, roch das Dackelfräulein sofort das Meer und war nicht mehr zu halten!

„Solitüde“, so heißt der Strand an der Flensburger Förde – und er machte seinem Namen alle Ehre – wir hatten ihn  nahezu für uns allein…

…und einen Heidenspaß hatten wir auch: Fangen gespielt, Löcher in den Sand gebuddelt, an Krabbenscheren genagt, im Seetang verheddert,… – eigentlich wollten wir bis Flensburg-City marschieren, sind dann aber im wahrsten Sinne des Wortes schon vorher gestrandet, weil Seeluft und Sport so hungrig machen. In der „Sprotte“ am Ballastkai eingekehrt und für den weiteren Spaziergang gestärkt.

Weil die Großgrabungen am Strand die von der Klimaanlage im Auto eh schon strapazierten Dackelaugen noch mehr angegriffen haben, erstmal eine Apotheke aufgesucht, um die gestern von Andrea empfohlenen Tropfen zu besorgen. Die sind gottseidank vorrätig und die Apothekerin hilft gleich noch beim Verabreichen und daraus ergibt sich ein längeres Gespräch und daraus dann mein weiterer Nachmittag.

Ich hatte mich ja auf Flensburg nur insofern vorbereitet als ich recherchiert hatte, dass es hier ein Schwimmbad mit 50m-Becken gibt (und ich wollte irgendwo nahe der dänischen Grenze Station machen). Die Quartiersuche hier hat mich dann so frustriert (Hotels überwiegend ungünstig gelegen und sehr teuer, Hundmitnahme ebenso – oder gleich verboten, daher landete ich in dem Landhotel ein Stück außerhalb), dass ich keine weiteren Pläne geschmiedet habe. Das hat mir dann heute Nachmittag die Apothekerin abgenommen, eine gebürtige Flensburgerin und ebenfalls Hundebesitzerin. Sie zeichnete mir eine Route auf, bei der wir auf ruhigen Nebenwegen einiges von der Stadt sehen würden und ich zog neugierig mit dieser Skizze los.

Flensburg ist ein Eldorado für Innenhof-Freaks! Einer schöner als der andere! Mit Geschäften, Cafés, Galerien, Praxen, Schnapsbrennereien, Töpfereien, Goldschmieden, Musikkneipen etc. – absolut traumhaft!

Und etliche harmonische Katzenbegegnungen – das gab’s noch nie.

Nach der Innenhöfe-Tour waren wir nochmal in der Apotheke, denn so war’s vereinbart. Die Apothekerin passte erstmal ein Viertelstündchen auf Pippa auf, damit ich im Drogeriemarkt eine Nagelbürste kaufen konnte, die ich nicht etwa für meine oder Pippas Krallen brauche, sondern zur Reinigung meiner Schuhsohlen (sie wollen nicht wissen, wovon). War ja klar, dass man irgendwas daheim vergessen würde.

Mit Nagelbürste zur Apotheke zurückgekehrt, Pippa lag auf dem Ledersofa neben dem Hustenbonbonregal und neben ihr bereits ein Zettel, auf dem meine weitere Route  notiert war. Wir verabschiedeten uns und das Fräulein und ich zogen erneut los.

Nach fast sieben Stunden Unterwegssein schließlich ein Feierabendbier am Hafen genehmigt, sogar die passende Marke hatten sie in der Bar. Mit ein paar Dänen den Tisch geteilt und über Aarhus gesprochen, wo ich unbedingt auch nochmal hin muss (sowas hier ist doch einfach der Hammer, finden Sie nicht auch?).
Übrigens: Wenn Dänen Deutsch sprechen klingt das um ein Vielfaches süßer als wenn ein Deutscher sich am Dänischen versucht. Die lispeln manche Silben so nett.

Nebenbei endlich erfahren, warum Flensburgs Hotellerie und Gastronomie so teuer ist: es liegt an der Nähe zum teuren Dänemark. Da kann man die Reisenden gen Norden schon mal aufs skandinavische Preisniveau einstimmen, und die paar Dänen auf der Durchreise in den Süden stört’s nicht, weil die sind’s ja von daheim eh so gewohnt. Ach so ist das. Nächstes Mal dann doch lieber wieder in Kiel Station machen (das dortige Schwimmbad war ja auch recht passabel).

Für Nacht Nr. 2 im Landhotel muss ich jetzt noch diverse Vorkehrungen treffen, damit sie sich qualitativ zumindest ein bisschen von Nacht Nr. 1 unterscheiden wird. Auch hier wieder so eine überflüssige Vorbereitung der Flensburger Hotelbetriebe auf die skandinavischen Sitten: ein Doppelzimmer besteht meist aus zwei Einzelbetten. Im meinem aktuellen Fall stehen die extrem weit auseinander, dazwischen noch zwei Möbelstücke. Aber wir kommen in einem 90cm breiten Bett einfach nicht zurecht, denn so ein Dackel liegt weder am Fußende noch längs oder am Rand, sondern mittig und quer – und damit ist die Bettbreite an einer für Menschen recht unpraktischen Stelle bereits voll ausgeschöpft und man hat nächtens nur die Wahl zwischen mehrfachem Gerangel oder Rückzug ins Hundekörbchen.

Daher verabschiede mich nun zum Möbelrücken. Anschließend muss das Belüftungskonzept noch angepasst werden (ein an einem See gelegenes Hotel ohne Fliegengitter vor den Fenstern ist eine Zumutung, erst recht, wenn alle Zimmer südseitig ausgerichtet sind und sich tagsüber ordentlich aufheizen) sowie Durchführung einer kleinen Maßnahme im sozialen Bereich (Zimmernachbar, Typ Bud Spencer). Habe also noch gut zu tun.

Morgen dann großer Brückentag: via Dänemark hinüber nach Schweden.
Große Vorfreude auf die beiden Mega-Brücken über den Großen Belt und den Öresund!
Next Stop: Helsingborg.

Schlafen Sie gut, insektenfrei, kühl, mit viel Ruhe und Platz!