Walsrode (2).

…und das ist nur ein kleiner Ausschnitt eines weiteren Tages im Vogelpark.

Die Hornvögel haben Nachwuchs und Vater Hornvogel bellt wie ein Hund, wenn man den Kleinen zu lange anguckt, die Sekretärin hat ihr Kunsttückchen bei ihrem Freigang ganz reizend verpatzt, der Andenkondor hat mit seiner Schwinge fast meine Schulter berührt, der Weißkopfseeadler hat einen recht streng angeguckt, der Schuhschnabel hat sich ungewöhnlicherweise gleich mehrfach bewegt, ein sich aufrichtender Pelikan ist ein beeindruckend riesiger Vogel und bei den Papageien und Loris sollten Klappstühle stehen, damit man da auch mal eine ganze Stunde sitzen und gucken kann.

Die Augen nun sehr müde von Schauen, Fotografieren und der Sonne. Der Rücken schmerzt und die Füße wissen auch, was sie heute geleistet haben.

Trotzdem die Kisten für morgen Früh schon weitgehend gepackt.
Denn dann heißt es: Abflug!

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Walsrode (1).

Warum wir hier sind:

Naja, und ein bisschen auch wegen Stevie…

An Springsteens Geburtstag wenigstens mal kurz „Little Steven“ auf den Arm nehmen!

…und ihm!

Logistisch diesmal alles richtig angegangen (man hat ja aus früheren Besuchen hier was gelernt):

  • Hotel direkt neben dem Vogelpark gebucht (kann man das Auto stehen lassen und braucht von Zimmertür bis zum Schuhschnabel keine 10 Minuten zu Fuß)
  • Zwei-Tages-Ticket für den Vogelpark gebucht (muss man sich nicht an einem Tag hetzen und kann auch mal eine halbe Stunde vor einem Vogel zubringen)
  • Gleich nach dem Aufstehen einen Zeitplan erstellt (wir gehen nun vormittags und nachmittags jeweils leicht zeitversetzt in den Vogelpark und treffen uns dort auf gemeinsame Kernzeiten, so ist das Dackelfräulein nur zweimal am Tag für anderthalb Stunden allein im Hotel, das ist gut zumutbar)
  • Bereits beim Frühstück für das Mittagsgassi Route und Einkehr rausgesucht (weil a) der Hund nämlich putzmunter in den Startlöchern steht, wenn man selbst müde und hungrig mittags aus dem Park zum Hotel zurückkommt und b) man ohne Verzehr der berühmten Buchweizentorte nicht in die Lüneburger Heide fahren kann)

Morgen dann Papageien- und Lori-Tag.
Und natürlich nochmal zum Schuhschnabel.

[Feststellung nebenbei: Je älter ich werde, desto schlechter ertrage ich jegliche (!) Form von nicht artgerechter Haltung von Tieren. Da liest man auf dem Schild vor der Voliere „lebt in Mangrovenwäldern“ (oder im Urwald oder der Savanne) oder „ist ein verspielter und intelligenter Vogel“ und guckt sich den hiesigen „Lebensraum“ an und so viel Mühe sich der hiesige Vogelpark auch geben mag – alles da drin ist Lichtjahre vom eigentlichen Habitat des Volierenbewohners entfernt, ein Schicksal, das die Vogelparkinsassen ja mit allen Zootieren, Nicht-Freigänger-Katzen, Stallhasen, Käfigvögeln usw. teilen, weswegen ich auch immer froher bin, ein Tier zu haben, das ich wirklich artgerecht halten kann. So sehr mich der Schuhschnabel auch begeistert: vielleicht war es unser letzter Besuch hier. Der arme Vogel wird ja immer vergeblich in seinen veralgten Tümpel starren und auf einen Lungenfisch warten – und obwohl er’s nicht anders kennt, kann ich’s immer weniger ertragen, dass dem so ist. Muss jedes Kind zwischen Flensburg und Mittenwald einen Hyazinthara in echt gesehen haben? Muss der Brillenkakadu es sich wirklich gefallen lassen, dass jeden Tag eine senile Omi ihren Finger durchs Gitter streckt, um ihn an der Brust berühren zu können? Sollte der Uhu tagsüber nicht besser seine Ruhe haben als Heerscharen von krakeelenden Menschen vor seinem Gehege ertragen zu müssen? Wie geht es Stevie eigentlich damit, auf meinem Arm gesessen zu sein?]

Eiche brutal: Ein Nachmittag in Klein-Amsterdam.

Nach einem langen Deichmarsch zwischen Hemmerwurth und dem Wesselburenerkoog noch einen Abstecher nach Friedrichstadt gemacht (merke: immer zuerst raus in die Natur und den Hund richtig sausen lassen und alles Städtische im Anschluss machen, dann trottet das Dackelfräulein ganz brav, geduldig und ohne jedes Genöle mit uns durch zig Gässchen und verpennt selig den Cafébesuch).

Friedrichstadt, dieses pittoreske Miniatur-Amsterdam, muss an sonnigen Wochenendtagen in der Hochsaison ein Alptraum sein: mehrere Busladungen voller Touristen (den Parkplatzgrößen nach zu urteilen) werden da durch die winzige Puppenstubenstadt tapern oder sich auf Ausflugsbooten durch die Grachten schippern lassen.

Schon an einem Nachsaison-Freitag bei eher bedecktem Himmel war dort nicht gerade wenig los.

Aber wie so oft trügt der Schein und es finden sich durchaus etliche Kratzer im bunten Lack der Holland-Idylle.

Durch das Städtchen fließen die Eider, die Treene und die Sorge, was ja schon recht trist klingt, zumindest kommen Flüsse wie die Wupper, die Kleine Laber oder die Lippe irgendwie fröhlicher daher.

Und dann wäre da noch die Sache mit den Pilzen in Friedrichstadt. Die armen Gewächse hat man erst grausam geköpft, um sie danach körbeweise bekifften Touris anzubieten – und an der Kasse gibt’s dann zu jeder Kappe einen Einheitsstengel dazu.

Wer den Blick von den hübschen Ornamenten über den Haustüren mal kurz ein Stück nach unten schweifen lässt, der wird alle naslang mit Hinweisschildern behelligt, auf denen alles (im Norden) Erfreuliche verboten ist.

Der Hammer fand sich schließlich mitten in der putzigen Prinzenstraße, eine der Haupt-Shopping- und Café-Meilen Friedrichstadts.

Das ist vermutlich die grausame Wahrheit hinter den schnuckligen Holzgondeln, mit denen man durch Eider, Treene und Sorge fährt…

Einen Nachmittag lang kann man da aber schon mal herumspazieren, durch Friedrichstadt.
Meine Empfehlung: keine Pilze kaufen, keine Bootsfahrt machen, sondern ein Stück sahnige Schwedentorte oder doppelstöckige Stachelbeertorte im Café Blumenhaus, direkt gegenüber von „Eiche brutal“ genießen.

Anschließend schwitzt man sich die paar Kalorien einfach in der Heimsauna wieder raus…

…und freut sich an der rasanten Hasenvermehrung im Ferienhausgärtchen.

Ein entspanntes Wochenende wünsche ich Ihnen!

Witzwort.

Seit Dienstagabend also auf Eiderstedt. Um die Ecke von Witzwort.

Kein Zufall, die Wahl dieser Region.
In meiner frühen Teenagerzeit verbrachte ich zweimal die Sommerferien in einem Ferienlager in St. Peter-Ording und habe von dieser Zeit tatsächlich noch mehr in Erinnerung behalten als die allabendliche Jugenddisco in der Turnhalle, den Kiosk mit den gelb-rosa-geringelten Schaumschlangen für 20 Pfennig das Stück und den blonden Timo, in den fast alle Mädchen aus der Gruppe zwei Sommer hintereinander verliebt waren.

Nämlich den tollen, riesigen Sandstrand von St. Peter-Ording. Oder Tönnig, Husum, Friedrichstadt und Heide.
Man wurde ja in den je dreiwöchigen Aufenthalten von den Gruppenleitern zu diversen Ausflügen kutschiert, damit man nicht nur in der Disco herumhopste, Zuckerschlagen futterte und sich den Kopf über diesen Timo zerbrach.

St. Peter-Ording hat sich, kaum war man mal 33 Jahre lang nicht mehr hier, fast schon zu einem zweiten Sylt gemausert. Alles aufgehübscht, nicht ganz so nobel wie auf Sylt, aber auch eher für den dickeren Geldbeutel, immerhin die Kuchenstücke noch unter Münchner Preisen (und weit unter den schwedischen sowieso).

Eh ein strategischer Vorteil: Nach über zwei Wochen in Schweden an die deutsche Nordsee fahren, das fühlt sich dann plötzlich alles so günstig an und man könnte glatt mal wieder entspannt in Restaurants gehen.
Tut man dann aber gar nicht, weil das Ferienhaus so gut ausgestattet und so gemütlich ist, dass man froh ist, nicht irgendwo anders sitzen zu müssen mit womöglich hässlichem Geschirr oder mittelmäßigem Essen oder unpassender Beleuchtung oder nervigen Menschen am Nebentisch.

Unser Quartier an der Nordsee…

…mit echten Fenstern (zum echten Öffnen und Lüften), ohne Klimaanlage und einem nicht überzuckerten, frischen Müsli.

Auch das Fräulein und die Gitti haben sich hier sehr schnell gut eingelebt.

Auf dem Grundstück nur ein Mitbewohner:

Meister Lampe hockt täglich vor der Tür…

…oder sprintet durch den Garten.

Dann noch sieben Nachbarn gegenüber:

Wollen Sie wissen, wie man so ein Foto schießt?

Ganz einfach: Platzieren Sie einen Dackel auf der anderen Seite des Weidezauns. Warten Sie 20 Sekunden. Drücken Sie ab.

Ansonsten: Wasser, Wind, Weite. Licht, Luft, Leere.

So kann man dem Motto dieses Blogs endlich mal wieder ausgiebig nachgehen.
Und tut es auch.

Ab und an mal ein Ausflug, das Dackeltier muss ja bewegt werden. Vor allem, wenn man wieder ins Schwimmbad möchte, denn ein müder Dackel verschläft den Schwimmbadbesuch ganz unkompliziert im Auto.

Nach einem langem Marsch auf Nordstrand zurück nach Husum, dort ins Schwimmbad. Absurde Öffnungszeiten (6-8 Uhr und 14-18 Uhr), 25m-Becken, modernisierter 70er-Jahre-Bau, da vermisst man Schweden dann wieder, aber es ist nicht fair, die Schwimmgelegenheiten in einer 20.000-Einwohner-Stadt wie Husum mit den Optionen in Stockholm oder Malmö zu vergleichen, also meckern wir nicht, sondern sind zufrieden, überhaupt im Wasser gewesen zu sein, außerdem hatten wir das Becken fast für uns alleine.

Danach ein Streifzug durch Husum, die „Stadt der kurzen Wege“, wie sie auch genannt wird, was uns nach Gassigehen und Schwimmen sehr entgegenkommt.
Einladende Cafés (sogar zum Verweilen 😉 ) mit leckerem Kuchen, warmes Septemberlicht lässt die Backsteinfassaden noch wärmer erstrahlen, Storm an allen Ecken und Enden: nicht nur seine Wohnhäuser gekennzeichnet, nein, auch das des Großvaters oder der Cousine oder der Patentante.

Trotzdem & nebenbei das innere Fazit: So ein Kleinstadtleben, das ginge gar nicht. Einsames Haus in den Bergen oder an der Küste vielleicht, womöglich auch Dorfleben (zumindest als Wochenendoption), aber eine Kleinstadt, das führte auch bei noch so schönen Fassaden und warmer Septembersonne direktemang in die Beklemmung, wenn nicht gar in die Depression (zumindest wenn man da erst jetzt, also in schon fortgeschrittenem Alter hinzöge).
Eine kleine, leise Vorfreude auf die Heimat blitzt erstmals wieder auf, bislang nicht viel an „daheim“ gedacht, vor lauter Genießen des Unterwegsseins und all der neuen Eindrücke.

Kurz vor der Rückkehr zum Parkplatz noch hier vorbeigekommen:

Der Husumer Zweitwohnsitz von Miss Langstrumpf.

Ein Gefühl wie: Der Kreis schließt sich.
Aber ein paar Runden drehen wir noch. Bleiben Sie also dran!

Rauke und Rabauke.

Helgumannen. Fischerdorf auf Fårö.

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Ohne Wecker in den Tag gestartet, Morgenstrandlauf mit Kormorangeplärr, drei Highlights von Fårö besichtigt, bereits unterwegs viel Schönes gesehen, endlich wieder ein Tag ganz im eigenen Rhythmus und ohne viel Gesellschaft, tolles Spätsommerwetter, viele Fotos für die Reportage gemacht, Objektivkappe irgendwo am Strand verloren, eine dünne Mütze gegen die permanenten Haarverwehungen erstanden, für schwedische Verhältnisse passabel gegessen, überall wenig bis gar nichts los, gutes Gespräch mit einem Paar aus der Schweiz, ärgerliche Unterredung mit einer Bedienung im Abendlokal, eine Ladung Wäsche waschen können und im Inselwind getrocknet, auf der Gartenbank sitzend den morgigen Tag geplant, dem Dackelfräulein beim Mit-einem-kaputten-Fußball-durch-das-Gelände-Sausen zugeschaut.
Große Ruhe und Zufriedenheit halten Einzug. Erst war ich reif für die Insel und nun ist die Insel reif für mich.

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Es ist eine karge, raue Natur auf Fårö. An der westlichen Küste blenden einen der Kalkstein und die turmhohen Raukar, an der östlichen Sudersands kilometerlanger, weißer Sandstrand. Im Inselinneren ducken sich Wacholderbüsche in den steinigen, teils hügeligen Boden und spenden auch keinen nennenswerten Schatten.

Das Wettergegerbte und Reduzierte wirft einen ganz aufs Wesentliche zurück: Gehen, Atmen, Schauen, Innehalten.
Das Bullerbü-Schweden Skånes ist sehr weit weg. Die Häuschen tendieren farblich zu ocker bis graubraun, nur selten mal ein rot-weißes oder weiß-blaues. Dazwischen alte Windmühlen auf vertrockneten Wiesen mit vertrockneten Schafskötteln. Überall die typisch gotländischen Steinmauern, von Hand aufgeschichtet und nahezu unverwüstlich, limestone – all over Gotland, und diese altertümlichen Holzzäune, ebenfalls inselweit zu sehen.

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Wanderung zu den Raukar bei Langhammars an der Westküste.

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Die Fauna hält sich auch eher zurück. Man sieht überwiegend Schafe, Pferde, Vögel und Kaninchen. An den sonnenbeschienenen Hauswänden krabbeln zahlreiche Körkmackar, wie auch immer die auf deutsch heißen. Mir sagte man nur: das sei jetzt die Zeit, in der sie sich auf den Weg in die Häuser machen. Was ich bestätigen kann, denn auch bei mir logieren ca. 30 Körkmackar, eher mehr. Seltsamerweise stören sie mich nicht, wahrscheinlich weil sie nicht surren, nicht stechen, nicht schmutzen, nicht gruselig aussehen, beim Krabbeln keine klackernden Geräusche machen und des nachts scheinen sie genau wie das Fräulein und ich tief und fest zu schlafen.

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Was für ein Etikett! (Vom übrigen Lokalbesuch soll lieber nicht die Rede sein.)