9 mal 9 (mal zwei).

Kontraste gibt’s, die kaum größer sein könnten.

Staatsbad Bad Brückenau um 9 Uhr morgens:

Kurortstille, Morgennebel, Waldduft.

München-Ludwigsvorsstadt um 9 Uhr abends:

Wiesngetöse, Volksfestdunst, Zuckerkramgeruch.

Ein etwas abrupter Übergang, aber mei, das war einem ja bei der Abreise im August bereits bekannt, dass das so kommen würde, und man hätte an die eh schon üppigen 31 Reisetage jetzt wirklich nicht noch 10 weitere dranhängen können (von der Reiselust her schon, aber vom Budget her nicht).

Samma oiso wieda dahoam 😬🙃🍺

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Södermalm.

Endlich wieder im Wasser!

Das wunderbare Schwimmbad in Stockholm nach vier Jahren noch gänzlich unverändert. Sehr erfreulich.

Das Eriksdalsbadet in Södermalm.

12 Bahnen à 25m, 10 Bahnen à 50m und schön nach Schwimmtempo unterteilt, der laute Kinderpool weit weg.

Ein rundum herrliches, gepflegtes Sportbad. Nach 11 Tagen ohne Schwimmen wirklich eine Riesenfreude, sogar 50 Minuten lang eine Bahn für mich alleine gehabt.

Schwedische Schwimmbadgepflogenheiten.

Vorgeschmack auf die Einheimischen im Zuckerland.

Der Gatte führt derweil das Dackelfräulein nebenan im Tantolunden spazieren, hernach trifft man sich im „Lilla Caffeet på Söder“ wieder, in dem heute nicht – wie vor vier Jahren – der Boss in Endlosschleife läuft, worüber die Süßteilchen aber mühelos hinwegtrösten.

Kaka, kex och kanelbullar.

Die Trilogie zum Gemütszustand.

Der Einfachheit halber und um überhaupt erstmal wieder anzukommen auf dem Festland, in der Metropole und in der Rudelvollständigkeit gleich den kompletten Tag in Södermalm verbracht. Ein Viertel, in dem sich auch locker drei Tage verbummeln ließen.

Übrigens bislang keine Probleme oder Irritationen an der Hundefront. Da scheint die Hauptstadt also eine Ausnahme zu sein, von diesen absurden Hundespielplätzen mal abgesehen.

Auf der Schafinsel.

Die Insel Fårö ist weit mehr als Ingmar Bergman, Raukar und Strände. Wie ihr Name schon sagt, ist sie eine Schafinsel (Får = Schaf / Ö = Insel).

Nirgends sonst ist das Gotlandschaf so sehr zuhause wie hier.

Nach etlichen Programmpunkten am Vormittag – wir fuhren nach Zwischenstopps bei diversen Sehenswürdigkeiten im Norden von Visby kurz auf eine Fika bei Linda vorbei, die heute im Homeoffice statt in Visby arbeitete (grandioses Wohnhaus: ein ehemaliges Bahnhofsstationsgebäude!) und anschließend noch zu einer Freundin von Wenche, die direkt an der Blå Lagunen wohnt und durch deren Gärten wir einen schöneren Zugang zur Lagune hatten (deren zwei Beagel-Rüden stürzten sich voller Interesse auf Pippa, die ihrerseits nur an den ca. 7 Bällen im Garten interessiert war) – trafen wir am späten Mittag in Fårösund ein, wo wir in einem lauschigen Café zum Lunch einkehrten. Anschließend setzten wir mit einer kleinen Autofähre in knapp 10 Minuten über auf die Insel Fårö.

Und dann ging einer meiner Wünsche in Erfüllung: der Besuch einer Gotlandschaffarm. Ursprünglich gab es diese Schafrasse nur auf Gotland und Fårö, mittlerweile wird sie auch andernorts gezüchtet. Diese schwarz-grauen Genossen hatten es mir schon vor fünf Jahren sofort angetan. Je älter sie werden, desto mehr wechselt ihre Fellfarbe von Grau zu Schwarz. Sie sind sehr robust, gelten als recht zutraulich, können aber durchaus zu etwas plötzlichen und heftigen Sprüngen ansetzen – Wenche war das (obwohl sie eine waschechte Gotländerin ist) nicht so geheuer, so dass ich sie ein wenig ermuntern musste, die Schafe zu berühren.

Und das Ganze war keine Streichelzoonummer – nein, die Kleinen wollten gern geknuddelt werden! Sie sind nämlich erst sechs Monate alt, mögen Menschen und als wir die Weide betraten, rannten uns die meisten von ihnen sehr interessiert und laut blökend entgegen.

Es gibt für mich wenig Erbaulicheres als den Kontakt zu Tieren und ich hätte Stunden mit diesen Schafen verbringen können. Das gelockte Fell fühlt sich herrlich an, noch wunderbarer aber sind die schwarzen Köpfe und Ohren. Und die dunkelbraunen Augen, von langen, geschwungenen Wimpern umgeben, gucken einen so unglaublich direkt an, dass man sofort eine Verbindung fühlt.

Wenche mahnte irgendwann zum Aufbruch, da die Inhaberin der Stora Gåsemora, meiner Bleibe für die nächsten beiden Tage, nur zwischen 15 und 16 Uhr vor Ort sein würde, um mir den Schlüssel auszuhändigen.

Gestern spuckte ich noch große Töne und wähnte mich heute Abend allein in einer Hütte am Strand, aber als wir das riesige Gelände betraten und Birgitta, die Chefin, uns überall herumführte, begriff ich erst, wie einsam und weitläufig das hier alles ist und mich verließ ein klein wenig der Mut.

Zur Auswahl stand zum einen diese klitzekleine, uralte Mühle…

…die ich äußerst charmant fand, nur liegt sie so weit weg von allen anderen Gebäuden und hat keinerlei Beleuchtung drumrum und in ihrem Inneren eine schmale, steile Leiter hinauf in die Schlafkoje, was schon allein nicht so einfach wäre, dort hochzukraxeln, aber mit 7kg Dackel unterm Arm wirklich nicht ganz ungefährlich ist – also schied die Mühle aus.

Zum anderen hätte ich besagte Strandhütte wählen können, die Sie auf diesem Bild hier sehen (am besten großzoomen)…

…die war aber gleich noch weiter ab vom Schuss als die kleine Mühle und ich hätte gar nicht gewusst, wie ich meine vier Kisten voller Zeug dort hätte hinschleppen sollen, da es nur einen langen, steinigen Pfad gibt, der zu der Hütte am Meer hinunterführt.

Aber ich gebe gern zu, dass es nicht die praktischen Gründe waren, die mich von diesen beiden Stugas abhielten, sondern definitiv deren Alleinlage (habe diesen Begriff erst heute vollumfänglich begriffen).

Also entschied ich mich für eines der anderen Häuser auf der Farm, in dem ich ein ebenerdiges Zimmer samt Bad und Küche beziehen konnte.
Keine Treppen, gefühlt wenigstens ein paar Nachbarn, wenn’s auch nur Islandpferde sind, drumherum zumindest der eingebildete Schutz durch andere Gebäude und etwas entfernt die Stallungen, in denen ab und an mal ein Mensch vorbeischaut.

Ich bin sehr zufrieden mit meiner Wahl. Sogar das Signal des WLAN-Routers vom Hauptgebäude reicht gerade noch hinüber in mein Häuschen. Sonst könnte ich Ihnen das ja gar nicht zeigen und auch die Öffnungszeiten des einzigen auf Fårö noch geöffneten Cafés nicht nachgucken.

Wenn Sie Lust haben, kommen Sie doch gern morgen Abend hier vorbei. Die Fähre ist kostenlos, auf meiner Terrasse ist genug Platz für 20 Personen und die Aussicht ist wirklich fantastisch.
Bringen Sie aber bitte Ihre eigenen Getränke mit, Sie wissen ja, das alkoholische Zeug ist teuer in Schweden und ich hab heute schon wieder zwei Flaschen Weißbier verschenkt, so dass ich mit meinem Vorrat allmählich etwas haushalten muss.

Und sollte uns der Gesprächsstoff ausgehen, ist das auch nicht weiter schlimm: die Stille, die man hören kann, wenn das Meer grad nicht zu laut rauscht, ist atemberaubend.

Immer und überall suche ich einen schönen Platz für das Hundekörbchen aus – aber das ist komplett für Katz!

Oxelösund => Nynäshamn => Visby.

Das Schlosshotel bei Oxelösund hat die Minuspunkte beim Bad locker mit dem Frühstücksbuffet wettgemacht – seit dem Letzten Heller nicht mehr so gut gefrühstückt! Und nach einer Nacht im Doppelbett heut auch mal wieder in der Lage gewesen zu einem Morgensport.

Ein schöner Lauf über Stock und Stein, an der Küste entlang, durch Kiefernwälder, vorbei an roten und gelben Bilderbuchschwedenhäuschen und in Sandbuchten picknickenden Menschen. Die Sonne scheint, ein paar Wölkchen zieren den Himmel, eine angenehme Brise geht – sogar die Ersatzschuhe sind besser als gedacht.

Leider beim Morgenlauf dauergegrübelt über eine Symptomatik, die sich in den letzten Wochen mehr und mehr an mich herangepirscht hat und mich zunehmend piesackt und beschäftigt. Sollte sich meine Eigendiagnose im Oktober, wenn ich in München einen Arzt hierzu konsultiere, bewahrheiten, dann wär’s meine dritte Autoimmunerkrankung  (ein totaler Mist wär‘ das, gelinde gesagt). Aber momentan bin ich ja weit weg von allen deutschen Arztpraxen (und um eine schwedische werde ich hoffentlich herumkommen, nicht, weil ich denen nix zutraue, sondern weil – zumindest gefühlt! – die Reise dann gelaufen wäre).

Wo waren wir? Gelaufen, genau. Es lief sich also gut heute Morgen. Anschließend das Auto vor das Nebengebäude gefahren und wie jeden Morgen 7x gelaufen, bis all unser Krempel wieder verstaut war (die Kisten sind thematisch gepackt, so finde ich mich am besten zurecht, wenngleich eine „Tageskiste“ praktischer wäre).
Route angeguckt und eingeprägt – und „Adieu Oxelösund!“.

Anderthalb Stunden später am südlichsten Zipfel des Stockholmer Schärengartens wieder ausgestiegen. Was für eine Landschaft!

Wir parken in Lövhagen (Sackgasse, da Ende eines Schärenfingers) und klettern auf und ab über riesige Steingebilde, gelangen zu stillen Badeplätzen, sausen über Wiesen (den Kriebelmücken davon: ca. 20 Stiche in 20 Minuten) und kehren noch auf ein Eis in Lövhagens Café ein.

Der Ort der Hundebespaßung liegt strategisch günstig, von dort sind es nur noch 7 Minuten zum Fährhafen von Nynäshamn. Dieser riesige Kahn von der Reederei Destination Gotland liegt schon im Hafen und ist so groß, dass er nicht aufs Foto passt.

Am Check-In für die Autowartespuren erhalten wir unsere Bordkarte und das obligatorische Djur-Schild, fahren zur zugewiesenen Lane 1 und sind Auto Nr.2 in der Hundehalter-Spur.

Je näher die Abfahrtszeit rückt, desto deutlicher hebt sich diese Wartespur von allen anderen ab: Überall offene Türen und Heckklappen, zwecks Luft oder Austritt, vorbildlich! Die nervösen Hunde pinkeln alle 2 Meter an die Grasnarbe neben der Terminalmauer, andere wollen sich keinesfalls auf dieser abgenutzten Pinkelmeile erleichtern. Pippa war lang genug spazieren, so dass ich sie einfach im Auto lasse.

Nach einer halben Stunde kommt das Signal zum Einfahren, vierspurig geht es in den Bauch der Fähre hinein. Dann zack, zack raus aus dem Auto und das Parkdeck verlassen, rein ins enge Treppenhaus, mit Rucksack auf dem Rücken, Körbchen unter dem linken und dem Dackelfräulein unter dem rechten Arm. Nach einigem Hin und Her und Umherirren durch die ellenlangen Gänge und diverse Treppenhäuser, finde ich endlich den roten Automaten, an dem ich Teil 2 meiner Bordkarte einscannen muss, um die Türnummer und -karte zu der für uns reservierten Pet Cabin zu erhalten.

Holla!
Ja endlich hat mal jemand verstanden, wie die beiden Damen zu reisen wünschen. Nicht mit Krethi und Plethi in der Economy Class, so wie noch am 2. September 2014, als das Fräulein und ich erstmals nach Gotland fuhren, sondern in einer Suite für uns allein. Der Hammer: die hat sogar ein Privatbad mit drin (sogar sauberer und auch nicht kleiner als manch schwedische Hotelbäder).
Muss man sich merken, das hätte was, in die mehrstündige Fährfahrt mal die Körperpflege zu integrieren…
Mir ist aber nicht nach Duschen, sondern nach Nervenberuhigung, denn das war schon alles irgendwie aufregend: finden wir den Weg zum recherchierten Gassi-Areal, sind wir pünktlich am Hafen, erledigt das Fräulein zuvor all ihre Geschäfte, klappt das Einchecken, packt der Ellenbogen die Schlepperei von Kind und Kegel bis zur Kabine, vergess ich nichts im Auto usw.

Auf dem Außendeck ist es so windig, dass man tolle Fotos von senkrecht nach oben stehenden Dackelohren machen könnte, wenn es einen in der Hocke nicht umpusten würde.
An Backbord ist es wolkenverhangen, Steuerbord bietet Sonnenschein, aber der krasse Wind ist überall. Also nur ein bisschen rumgeknipst und schnell wieder rein. Drinnen dann auch nochmal eine Fotosession, um den beruflichen Part der Veranstaltung zu erledigen – schließlich ist das eine gesponserte Reise und es soll mal ein hübscher Artikel draus werden, den man auch bebildern möchte.

Nach gut drei Stunden ist wieder Land in Sicht. Wieder mit Kind und Kegel runter ins Parkdeck, dann öffnet sich die Rampe und ich sehe ein erstes Stück Himmel über Gotland. Hurra, wir haben es geschafft!

Das Hotel ist auch schnell gefunden, das für uns dort reservierte Zimmer eine schöne Fortführung der Pet Cabin: eine kleine Suite mit Wohn- und Schlafraum, einem für schwedische Verhältnisse luxuriös großem Bad und natürlich den unvermeidbaren Hygieneauflagen auf dem Doppelbett – aber zum Trost dafür ein Willkommenstascherl mit Broschüren, persönlichem Kärtchen, Leckereien für mich und das Fräulein sowie der Agenda für die nächsten Tage.

Kann ich gar nicht ausgiebig studieren, denn Pippa, die die Stunden auf der Fähre sehr brav gemeistert hat, verlangt nach etwas Bewegung. Also brechen wir sofort zu einem kleinen Rundgang durch Visby auf, zumindest hatte ich nur einen kleinen vor, aber dann war’s sowas von schön (diese Stadtmauer, diese Wiesen, diese hügelige, zum Meer hin sanft abfallende Altstadt, die windschiefen, kleinen, uralten Häuschen in den engen Gässchen, überall die Fenster erleuchtet und drinnen tatsächlich echte Menschen und echtes Leben, kein Museum das alles), einfach wunderschön, Sie können sich gar nicht vorstellen, wie schön!, und werden jetzt auch noch nichts davon zu sehen bekommen, weil ich für diesen ersten Spaziergang bewusst Kamera und Handy im Hotel gelassen hatte, um bloß zu gehen und zu schauen.

Und das war nicht nur für die ersten beiden Stunden nach Ankunft hier auf der Insel eine gute Maßnahme, sondern vor allem deshalb, weil wir nach diesen zwei Stunden triefnass wieder zum Hotel zurückkamen.
Unterwegs ganz plötzlich ein Donnergrollen, dabei hatte es grad noch milde 24 Grad und im Westen versank die Sonne wie ein roter Ball in der Ostsee, und schon ging es los und ereilte uns erst schubweise, so dass wir immer noch ein paar Meter zum nächsten Unterstand sprinten konnten, aber am Ende war’s neben Blitz und Donner ein einziger Dauerregen, der in strömenden Bächen die Gassen der Stadt hinuntertoste und der mir Handy und Kamera ruiniert hätte, weil ich lediglich in Jeans und Bluse, aber ohne Jacke und Rucksack unterwegs war…

Mittlerweile sind wir gebadet, trocken, in unseren Gemächern eingerichtet und ich liege ich im Bett, Pippa liegt in meiner Kniekehle – und vor uns liegen neun Tage auf Gotland. Was für eine Aussicht!

Es wäre einem ja jetzt erstmal nach ein bis zwei Tagen ausschließlichem Geradeausgucken, Dasitzen und Ankommen, aber nix da – das ist ja eine Dienstreise, morgen wird ein voller Tag, unsere Privatführerin Wenche holt uns gleich nach dem Frühstück hier ab.

Daher nun schnell einen Gute-Nacht-Gruß in die Heimat & bis vermutlich übermorgen, da hab ich frei!