Die Schweden sind schon anders als wir, resp. als ich.
Morgens im Frühstücksraum des Hotels (für mein Empfinden: Speisesaal der Jugendherberge) steht man am Kaffeeautomaten Schlange. Kommen die Schweden untereinander wartenderweise sofort ins Gespräch (um 7:30 Uhr und vor dem ersten Kaffee!), schnappen sich dann ihr Tablett, wechseln den Platz, um sich mit den Kaffeeautomaten-Mitwartenden an einen Tisch zu hocken (Fremde zu Fremden!). Bewundernswert und gruselig zugleich. Beim Frühstück eine halbe Stunde lang mit Unbekannten freiwillig Smalltalk machen, au weia. Ich bin ja gerade morgens extrem froh um meine Ruhe.
Vermutlich hängt diese Verhaltensweise irgendwie damit zusammen, dass der Schwede Campingurlaub und andere Menschen seiner nächsten Nähe grundsätzlich liebt und daher auch mit Gemeinschaftsbädern keinerlei Problem hat. Wenn Sie schon in Schweden unterwegs waren, werden Sie das Phänomen kennen: zum Teil gibt es bis in die 3-Sterne-Kategorie hinein kein eigenes Bad zum gebuchten Zimmer dazu, da muss man oft lange suchen und einige Kronen zusätzlich hinblättern.
Gewöhnungsbedürftig sind auch die Butterpötte mit Spachtel drin. Schon oft gesehen an schwedischen Frühstücksbuffets, bis hin zur 4-Sterne-Unterkunft. So auch heute Morgen. Nix kleine, hygienische Portiönchen, nein!
Ein Plastikpott mit Streichmesser drin, in die kalte Masse schräg hineingerammt, später, wenn das Fett weicher ist, am Pottrand lehnend, noch mit den Fettschlieren des Vorgängers dran. Da kommt dann jeder mit seiner Semmel, seiner Scheibe Brot oder seinem Knäcke vorbeispaziert und spachtelt sich mit ein und demselben Werkzeug die Butter aufs Gebäck.
Gut, das ist wurscht, wenn man zu den ersten Personen an dem noch weitgehend unberührten Pott gehört, aber nicht jeder möchte um 7:30 Uhr Frühstücken. Ich eigentlich auch nicht, nur was will man machen, wenn man die Nacht wieder auf 90x200cm verbringen durfte…
Was mich auf ein anderes, unerklärliches Schweden-Phänomen bringt.
Die schwedische Hygieneauflage, die Sie – egal in welcher Art Unterkunft – auf nahezu jeder Matratze vorfinden. Ein ca. 3 bis 8 cm dickes, weiches Polster in Matratzengröße, ummantelt von einem Bettlaken. Drunter ist dann die eigentliche Matratze, von deren Beschaffenheit Sie kaum etwas mitbekommen, weil Sie ja auf diesem Polster liegen bzw. einsinken. Ist die Matratze drunter dann auch noch eine zu weiche, ja dann pfiat di!
Bei vorherigen Schwedenreisen, als ich noch jünger und fitter war (intakter Ellenbogen usw.), habe ich gelegentlich abends die Betten umgebaut: Leintuch abgezogen, Hygieneauflage zusammengerollt und in den Schrank gestopft, Leintuch auf die eigentliche Matratze gelegt – und am nächsten Morgen den ganzen Spaß wieder retour. Mach ich nicht mehr, zu anstrengend. Bin jetzt in der Lebensphase angekommen, in der man mit Bierkiste reist und so auf die nötige Betäubung bzgl. der Inkommoditäten der Nacht hofft.
Letzte Besonderheit aus der heutigen Lästerkiste: schwedische Bäder. Falls Sie ein eigenes Bad ergattern und dann natürlich einen entsprechenden Aufpreis für Ihre Übernachtung zahlen, seien Sie bloß nicht enttäuscht! Ihr Bad ist vermutlich winzig und nicht im Entferntesten mit Bädern in deutschen Hotels (derselben Preiskategorie) zu vergleichen.
Nix Duschwanne oder bodentiefe Dusche oder Glaswände um die Duschkabine. Schlichte Nische mit IKEA-Vorhang davor, je nach Hotelkategorie unten leicht verschimmelt oder nicht, Boden zum Duschabfluss hin etwas geneigt, aber wenn Sie kein 2-Minuten-Duscher sind, steht danach das halbe Bad unter Wasser. Dafür steht in Duschnähe stets ein Schrubber, mit dem können Sie dann das Wasser Richtung Abfluss zurückschieben.
Aber Obacht bei diesem Tun! Ihr Bad ist wie gesagt winzig, also hauen Sie sich bloß nicht beim Wasserschieben Ihren eh schon lädierten Ellenbogen an der Waschbeckenkante an und rammen Sie Ihr Knie nicht gegen die Toilette!
Ja, so schaut die Realität in schwedischen Hotels aus. Vielleicht nicht im 5-Sterne-Sektor, aber da können wir nicht mitreden, weil schon das schwedische 3-Sterne-Hotel preislich oft die Kragenweite eines deutschen 4-Sterne-Superior-Schuppens hat.
Wir wollen ja hier nicht nur irgendeine Bullerbü-Idylle vorgaukeln, deshalb berichten wir auch solche Details.
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Und nun zum Bullerbü-Part des Tages.
Schweden ist bunt, Schweden ist freundlich, Scheden ist weit, Schweden ist lässig und wunderschön.
Fahrzeit heute, von der West- zur Ostküste: fast 5 Stunden, davon 4 auf der Autobahn. Nicht zu vergleichen mit dem Stress und Gedrängel auf deutschen Autobahnen. Hier ist nix los, von den Ballungsräumen mal abgesehen, aber die berührten wir heute nicht. 3,5 von 4 Std mit Tempomat gefahren, 120km/h eingestellt, durchschnittlicher Spritverbrauch am Tagesende unter 5 Liter (trotz voll beladener Karre), völlig entspanntes Gondeln durch schönste Gegenden, Musik an, Fenster offen, gesungen, geguckt, gefreut. Toll, wirklich toll. Bob Seger, Smokie, Suzi Quatro – herrliche Reisemucke.
Mittags am Vätternsee gehalten, GoogleMaps hatte mir da bei der morgendlichen Recherche einen Hundbadplats ausgewiesen, etwas außerhalb von Gränna, was ziemlich genau in der Mitte der heutigen Strecke lag.
Der See ist riesig, das vermeintlich andere Ufer lediglich die Insel Visingsö, das Wasser blitzsauber und badewarm.
Treppen zu den Badebuchten.
Wellenbaden.
Hafen von Gränna am Vätternsee.
Wasserfreuden.
Uferweg am Vättern, bei Gränna.
Viva Sverige!
Felder bei Gränna.
Wir spazieren einen menschenleeren Uferweg entlang, lungern lange in einer der einsamen Buchten herum, der Hund hat seinen Spaß, ich meine verdiente Autofahrpause. Weiter bis zum Hafen von Gränna, dort ein Wienerbröd und einen Kaffee, dann auf in die kleine Stadt!

Fika am Hafen: Man ist nie lang allein!

Die Schweden sind ein geselliges Volk und gern in der Gruppe unterwegs.
Die ist nämlich berühmt für ihre Polkagris-Zuckerstangen, diese vorwiegend in den Landesfarben Österreichs geringelten, pappigen Plombenzieher, die mir völlig egal sind, so wie mir auch Bonbons aller Art und Couleur schnuppe sind, aber schön anzuschauen ist’s allemal und es passt zum bunten Schweden, dieses Zuckerwerk.
Eine ganze Touristenmeile voller Süßwarenshops, ich suche den originalsten dieser Läden auf (den von Tante Amalia), natürlich darf das Fräulein nicht mit hinein, aber wegen der Wespendichte vor dem Geschäft muss ich einen geeigneten Hundeparkplatz suchen und gott(!)seidank entdecke ich direkt gegenüber eine Kirche mit kühlen, schattigen Steinstufen vor dem Eingang, für die sich niemand interessiert (weder für die Kirche, noch für die kühlen Stufen), weil ja eben auf der anderen Seite dieser Zuckerladen ist, durch dessen Fenster ich Pippa auch noch wunderbar im Blick habe (paranoid wie man ist, seit vor einem Münchner Drogeriemarkt mal ein dort angebundener Dackel gestohlen wurde, ein Erlebnis, das mich wochenlang und bis in die nächtlichen Träume hinein verfolgt hat).
Für die, denen schon übel ist vor lauter Zucker.
Affär = Unternehmen.
Zuckerstangen-Geschäft in Gränna.
Das große Gotteshaus von Gränna.
Weiterer Süßpapp.
Hantwerksbutik am Hafen.
Kleiner Hund vor einem kleinem Gotteshaus.
Der Polkagris-Klassiker.
Rot-weiß, nicht nur die Zuckerstangen.
Zuckerstangenbäcker an der Drehsmaschine.
Zuckerstangenküche.
„Oh Herr, mach, dass Frauchen bald zurückkommt!“
Danach noch weiter durch den hübschen Ort gestreift, dann hinter dem Friedhof einen Feldweg hinunter zum Vätternsee und auf dem schönen Uferweg mit einigen Badestopps wieder zurück zum Auto.
Der Hund schmeißt sich nach dieser 2,5-stündigen Tour selig und müde auf sein Reiselager. Der Mensch setzt sich selig, weil der Hund selig ist, wieder ans Steuer und fährt müde weiter.
Das Tankerlebnis spare ich mal aus dem Bereicht aus. Es wäre jedenfalls schneller gegangen, wenn der blöde Automat neben der Zapfsäule (man tankt hier mit vorautorisierter Kreditkarte) nicht nur schwedisch gesprochen hätte.
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Am späten Nachmittag erreichen wir Oxelösund und das Schloss, in dem wir die letzte Nacht auf dem Festland verbringen.
Ein etwas in die Jahre gekommenes Anwesen, dennoch sehr charmant. Unser hübsches Zimmer keine 10m² groß, das Bad höchstens 1,5m², aber das Gelände drumrum bietet ja Platz genug.
Nochmal ein längerer Spaziergang, anschließend eine warme Mahlzeit im Schlossrestaurant, danach auf dem Zimmer eine Schneider Weiße – und nun ab ins Bett.
Blick in den Schlossgarten.
Endlich mal ein Doppelbett.
Beleidigter Hund, weil Mensch zum Abendessen geht.
„Westflügel“ des Schlosses, wo die Hundehalter einquartiert werden.
Nein, unser Auto ist keines der vorderen fünf – das waren die Jungs vom Fotoshooting.
Unsere bislang schönste Unterkunft.
Im Lustgarten.
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Next stop: Nynäshamn.
Von dort dann mit der Fähre nach Gotland.
Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie manch anderer es schafft, von München aus in zwei Tagen die 2.000 Kilometer bis hierher durchzubrettern. Klar, das spart einem vier Übernachtungen, aber ich müsste diese Ersparnis ganz sicher mit völliger Erschöpfung büßen und sehen täte man da ja unterwegs auch nichts.
Dem Dackelfräulein sei Dank muss und darf ich langsam reisen!
Gute Nacht aus Oxelösund wünschen –
die Kraulquappe & das Dackelfräulein.