Vom Wasser übers Wasser ans Wasser (2).

Die Schweden sind schon anders als wir, resp. als ich.
Morgens im Frühstücksraum des Hotels (für mein Empfinden: Speisesaal der Jugendherberge) steht man am Kaffeeautomaten Schlange. Kommen die Schweden untereinander wartenderweise sofort ins Gespräch (um 7:30 Uhr und vor dem ersten Kaffee!), schnappen sich dann ihr Tablett, wechseln den Platz, um sich mit den Kaffeeautomaten-Mitwartenden an einen Tisch zu hocken (Fremde zu Fremden!). Bewundernswert und gruselig zugleich. Beim Frühstück eine halbe Stunde lang mit Unbekannten freiwillig Smalltalk machen, au weia. Ich bin ja gerade morgens extrem froh um meine Ruhe.

Vermutlich hängt diese Verhaltensweise irgendwie damit zusammen, dass der Schwede Campingurlaub und andere Menschen seiner nächsten Nähe grundsätzlich liebt und daher auch mit Gemeinschaftsbädern keinerlei Problem hat. Wenn Sie schon in Schweden unterwegs waren, werden Sie das Phänomen kennen: zum Teil gibt es bis in die 3-Sterne-Kategorie hinein kein eigenes Bad zum gebuchten Zimmer dazu, da muss man oft lange suchen und einige Kronen zusätzlich hinblättern.

Gewöhnungsbedürftig sind auch die Butterpötte mit Spachtel drin. Schon oft gesehen an schwedischen Frühstücksbuffets, bis hin zur 4-Sterne-Unterkunft. So auch heute Morgen. Nix kleine, hygienische Portiönchen, nein!
Ein Plastikpott mit Streichmesser drin, in die kalte Masse schräg hineingerammt, später, wenn das Fett weicher ist, am Pottrand lehnend, noch mit den Fettschlieren des Vorgängers dran. Da kommt dann jeder mit seiner Semmel, seiner Scheibe Brot oder seinem Knäcke vorbeispaziert und spachtelt sich mit ein und demselben Werkzeug die Butter aufs Gebäck.
Gut, das ist wurscht, wenn man zu den ersten Personen an dem noch weitgehend unberührten Pott gehört, aber nicht jeder möchte um 7:30 Uhr Frühstücken. Ich eigentlich auch nicht, nur was will man machen, wenn man die Nacht wieder auf 90x200cm verbringen durfte…

Was mich auf ein anderes, unerklärliches Schweden-Phänomen bringt.
Die schwedische Hygieneauflage, die Sie – egal in welcher Art Unterkunft – auf nahezu jeder Matratze vorfinden. Ein ca. 3 bis 8 cm dickes, weiches Polster in Matratzengröße, ummantelt von einem Bettlaken. Drunter ist dann die eigentliche Matratze, von deren Beschaffenheit Sie kaum etwas mitbekommen, weil Sie ja auf diesem Polster liegen bzw. einsinken. Ist die Matratze drunter dann auch noch eine zu weiche, ja dann pfiat di!
Bei vorherigen Schwedenreisen, als ich noch jünger und fitter war (intakter Ellenbogen usw.), habe ich gelegentlich abends die Betten umgebaut: Leintuch abgezogen, Hygieneauflage zusammengerollt und in den Schrank gestopft, Leintuch auf die eigentliche Matratze gelegt – und am nächsten Morgen den ganzen Spaß wieder retour. Mach ich nicht mehr, zu anstrengend. Bin jetzt in der Lebensphase angekommen, in der man mit Bierkiste reist und so auf die nötige Betäubung bzgl. der Inkommoditäten der Nacht hofft.

Letzte Besonderheit aus der heutigen Lästerkiste: schwedische Bäder. Falls Sie ein eigenes Bad ergattern und dann natürlich einen entsprechenden Aufpreis für Ihre Übernachtung zahlen, seien Sie bloß nicht enttäuscht! Ihr Bad ist vermutlich winzig und nicht im Entferntesten mit Bädern in deutschen Hotels (derselben Preiskategorie) zu vergleichen.
Nix Duschwanne oder bodentiefe Dusche oder Glaswände um die Duschkabine. Schlichte Nische mit IKEA-Vorhang davor, je nach Hotelkategorie unten leicht verschimmelt oder nicht, Boden zum Duschabfluss hin etwas geneigt, aber wenn Sie kein 2-Minuten-Duscher sind, steht danach das halbe Bad unter Wasser. Dafür steht in Duschnähe stets ein Schrubber, mit dem können Sie dann das Wasser Richtung Abfluss zurückschieben.
Aber Obacht bei diesem Tun! Ihr Bad ist wie gesagt winzig, also hauen Sie sich bloß nicht beim Wasserschieben Ihren eh schon lädierten Ellenbogen an der Waschbeckenkante an und rammen Sie Ihr Knie nicht gegen die Toilette!

Ja, so schaut die Realität in schwedischen Hotels aus. Vielleicht nicht im 5-Sterne-Sektor, aber da können wir nicht mitreden, weil schon das schwedische 3-Sterne-Hotel preislich oft die Kragenweite eines deutschen 4-Sterne-Superior-Schuppens hat.
Wir wollen ja hier nicht nur irgendeine Bullerbü-Idylle vorgaukeln, deshalb berichten wir auch solche Details.

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Und nun zum Bullerbü-Part des Tages.
Schweden ist bunt, Schweden ist freundlich, Scheden ist weit, Schweden ist lässig und wunderschön.
Fahrzeit heute, von der West- zur Ostküste: fast 5 Stunden, davon 4 auf der Autobahn. Nicht zu vergleichen mit dem Stress und Gedrängel auf deutschen Autobahnen. Hier ist nix los, von den Ballungsräumen mal abgesehen, aber die berührten wir heute nicht. 3,5 von 4 Std mit Tempomat gefahren, 120km/h eingestellt, durchschnittlicher Spritverbrauch am Tagesende unter 5 Liter (trotz voll beladener Karre), völlig entspanntes Gondeln durch schönste Gegenden, Musik an, Fenster offen, gesungen, geguckt, gefreut. Toll, wirklich toll. Bob Seger, Smokie, Suzi Quatro – herrliche Reisemucke.

Mittags am Vätternsee gehalten, GoogleMaps hatte mir da bei der morgendlichen Recherche einen Hundbadplats ausgewiesen, etwas außerhalb von Gränna, was ziemlich genau in der Mitte der heutigen Strecke lag.
Der See ist riesig, das vermeintlich andere Ufer lediglich die Insel Visingsö, das Wasser blitzsauber und badewarm.

Wir spazieren einen menschenleeren Uferweg entlang, lungern lange in einer der einsamen Buchten herum, der Hund hat seinen Spaß, ich meine verdiente Autofahrpause. Weiter bis zum Hafen von Gränna, dort ein Wienerbröd und einen Kaffee, dann auf in die kleine Stadt!

Fika am Hafen: Man ist nie lang allein!

Die Schweden sind ein geselliges Volk und gern in der Gruppe unterwegs.

Die ist nämlich berühmt für ihre Polkagris-Zuckerstangen, diese vorwiegend in den Landesfarben Österreichs geringelten, pappigen Plombenzieher, die mir völlig egal sind, so wie mir auch Bonbons aller Art und Couleur schnuppe sind, aber schön anzuschauen ist’s allemal und es passt zum bunten Schweden, dieses Zuckerwerk.

Eine ganze Touristenmeile voller Süßwarenshops, ich suche den originalsten dieser Läden auf (den von Tante Amalia), natürlich darf das Fräulein nicht mit hinein, aber wegen der Wespendichte vor dem Geschäft muss ich einen geeigneten Hundeparkplatz suchen und gott(!)seidank entdecke ich direkt gegenüber eine Kirche mit kühlen, schattigen Steinstufen vor dem Eingang, für die sich niemand interessiert (weder für die Kirche, noch für die kühlen Stufen), weil ja eben auf der anderen Seite dieser Zuckerladen ist, durch dessen Fenster ich Pippa auch noch wunderbar im Blick habe (paranoid wie man ist, seit vor einem Münchner Drogeriemarkt mal ein dort angebundener Dackel gestohlen wurde, ein Erlebnis, das mich wochenlang und bis in die nächtlichen Träume hinein verfolgt hat).

Danach noch weiter durch den hübschen Ort gestreift, dann hinter dem Friedhof einen Feldweg hinunter zum Vätternsee und auf dem schönen Uferweg mit einigen Badestopps wieder zurück zum Auto.
Der Hund schmeißt sich nach dieser 2,5-stündigen Tour selig und müde auf sein Reiselager. Der Mensch setzt sich selig, weil der Hund selig ist, wieder ans Steuer und fährt müde weiter.

Das Tankerlebnis spare ich mal aus dem Bereicht aus. Es wäre jedenfalls schneller gegangen, wenn der blöde Automat neben der Zapfsäule (man tankt hier mit vorautorisierter Kreditkarte) nicht nur schwedisch gesprochen hätte.

*****

Am späten Nachmittag erreichen wir Oxelösund und das Schloss, in dem wir die letzte Nacht auf dem Festland verbringen.
Ein etwas in die Jahre gekommenes Anwesen, dennoch sehr charmant. Unser hübsches Zimmer keine 10m² groß, das Bad höchstens 1,5m², aber das Gelände drumrum bietet ja Platz genug.

Nochmal ein längerer Spaziergang, anschließend eine warme Mahlzeit im Schlossrestaurant, danach auf dem Zimmer eine Schneider Weiße – und nun ab ins Bett.

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Next stop: Nynäshamn.
Von dort dann mit der Fähre nach Gotland.

Es ist mir ein absolutes Rätsel, wie manch anderer es schafft, von München aus in zwei Tagen die 2.000 Kilometer bis hierher durchzubrettern. Klar, das spart einem vier Übernachtungen, aber ich müsste diese Ersparnis ganz sicher mit völliger Erschöpfung büßen und sehen täte man da ja unterwegs auch nichts.
Dem Dackelfräulein sei Dank muss und darf ich langsam reisen!

Gute Nacht aus Oxelösund wünschen –
die Kraulquappe & das Dackelfräulein.

Vom Wasser übers Wasser ans Wasser (1).

Heute nochmal eine lange Strecke: Westküste bei Helsingborg morgens verlassen. Mittags Gassipause mit Schwimmen und Sightseeing am Vätternsee (dass sowas noch „See“ heißt, ist kaum zu fassen, bei der Ausdehnung und Weite!).
Abends an der Ostküste angekommen.

Das Dackelfräulein fand den Vättern großartig. Weil nicht so salzig wie das Meer und daher besser zum Schnorcheln geeignet. Gleichwohl fehlte der Seetang zum Spielen. Dafür schöner Wellengang. Sehr wohltuend.

Aber sehen Sie selbst:

Das ging eine halbe Stunde so dahin. Und hätten wir nicht weiter gemusst, säßen wir da noch immer.

In meinem nächsten Leben werde ich Hund. Sagte ich das schon mal?

Voff, voff.

Ein dänisch-schwedischer Mix.
Wenn Sie die Maus auf das jeweilige Bild bewegen, sehen Sie den Text dazu.

Ankomst!

Ein alter Rock ’n‘ Roll-Fetzen von Mott the Hoople begleitete mich heute über die Große-Belt-Brücke. Das lag an der Shuffle-Funktion und war somit Zufall – ich hatte keinen besonderen Song ausgewählt, so schön diese Brücke auch ist.

Nicht so auf der Öresundbrücke, da lief „Across the border“, so wie die letzten beiden Male auch. Weil das die Brücke meines Lebens ist. Keine fand ich je schöner, keine hatte je eine größere Bedeutung für mich.

Da glitzert fast acht Kilometer lang links und rechts das Wasser, man nähert sich ganz langsam dieser grandiosen Konstruktion aus Schrägseilpfeilern, fährt dann mitten durch die hindurch, links hinten am Horizont ragt knallweiß der Turning Torso von Malmö in den schwedischen Himmel hinein, davor strahlt der Ribersborgstrand, rechts hinten funkelt der Bunkeflostrand, den ich nur wegen seines wunderbaren Namens erwähnen möchte, und zum Glück ist die Brücke sehr lang, weil von den 7,8 Kilometern sehe ich mindestens auf 5 Kilometern all diese Schönheit um mich herum ja nur wie durch einen Schleier, denn so wie bei den ersten beiden Überquerungen heule ich auch beim dritten Mal sofort los als ich die Pfeiler, das Meer und den Turning Torso erblicke und Bruce währenddessen diesen Wahnsinns-Song singt, und frage mich, in wie vielen der 17.000 Kfz, die täglich diese Brücke passieren, wohl noch jemand sitzt, dem es so geht, und dann würge ich die Musik ab, um eine dieser Tränenintensivierungsquellen augenblicklich abzuklemmen, schließlich muss ich ja noch auf die Straße gucken können, aber das Abschalten der Musik hilft nicht allzu viel und so komme ich ziemlich verheult auf der anderen Seite, in Schweden, an, wo mich prompt nach dem Abkassieren der Brückenmaut, was leider mittlerweile kein Mensch mehr macht, erst recht nicht Dr. T., eine Anspielung, die man jetzt nicht verstehen muss, weil sie auf einem Traum basiert, sondern nur noch eine schnöde Maschine, ein schwedischer Zollbeamter irritiert anschaut, obwohl ich mich echt bemühe, ein Lächeln aufzusetzen, aber das scheint auch nichts zu nützen, denn er fragt trotzdem, ob alles ok ist und wo ich herkomme und wo ich hinwill und guckt auf meinen Ausweis, von dem ihn ein Blondchen anguckt, das nicht mehr viel mit mir zu tun hat, der Rest des Ausweises allerdings umso mehr, und als er mir den Ausweis durchs offene Fenster wieder hineinreicht, da reicht es dem bis dahin friedlich schlummernden Fräulein endgültig mit den Behelligungen durch fremde Männer und sie wufft sehr ungnädig und sehr hörbar, weshalb der Zollbeamte überhaupt erst den Hund auf der Rückbank bemerkt und dann tatsächlich nach dessen Einfuhrbescheinigung fragt, klar, von so einem Löwen wollen sie schon die Papiere sehen im friedliebenden Schweden, also muss ich doch zur Seite fahren und die Zollbescheinigung aus meiner Mappe rausfummeln, in der ich ordentlichst alle Papiere für die ganze lange Reise verwahre, aber es sind halt eine ganze Menge Blätter, also dauert es ein wenig, was dem Zollbeamten etwas Leerlauf beschert und ihn auf die Idee bringt, mal in den Kofferraum gucken zu wollen, denn wo ein Löwe an Bord ist, ist vielleicht die Anaconda nicht mehr weit, also steige ich auch noch aus und öffne die Heckklappe, und sofort hat man ja sowas wie ein inneres Zittern und ein schlechtes Gewissen wegen der Kiste Weißbier da hinten drin, obwohl man weiß, dass das ja keine 20 Fässer Schnaps oder 20 Säcke Kokain sind, sondern ein harmloser Kasten mit 20 Flaschen Bier, aber trotzdem, wenn ein Uniformierter in den Kofferraum schauen will, geht die Pumpe sofort schneller, und schon fragt er mich nach Alkohol und Zigaretten und anything to declare, ob und wenn ja, wie viel, ich zeige ihm willig den blauen Träger, nicht den meines BHs, sondern den, in dem noch 18 Flaschen Schneider Weiße TAP7 stehen, erst 1 getrunken und 1 der Braunschweiger Freundin geschenkt, damit die mal ein richtig gutes, bayrisches Weizen, wie sie’s ganz unbayrisch nennt, zu trinken bekommt, und der Zöllner guckt, wie ich meine, schwer neidisch auf das Importgut und nickt dann, und ich erkundige mich pseudo-beflissen und mir die letzten Tränen von der Wange wischend, wie viel Bier man eigentlich mitnehmen dürfe, denn so ein Eigenbedarf ist ja recht relativ und bemisst sich ja stark an der geplanten Verweildauer, aber zu meiner Entlastung erfahre ich, dass ich bereits für einen Tag Aufenthalt in Schweden eine ganze Kiste Bier einführen dürfte, na Prosit, das packt vielleicht ein Schwede, denke ich, und muss dann lachen, der Beamte lacht jetzt auch und nun darf ich wieder einsteigen und weiterfahren und bin etwas vergrätzt, weil man ja nicht mal mehr in Ruhe seine Ergriffenheitstränchen vergießen und diese hochemotionalen Minuten des Grenzübertritts auf dieser Wahnsinnsbrücke und des Ankommens in Schweden ungestört zelebrieren kann, aber wenigstens ist es mir nun möglich, den Bruce-Song zuende zu hören ohne wegen Blindheit gegen die Leitplanke zu fahren.

Vielleicht gibt’s nachher noch ein paar Fotos von den nicht verheulten Momenten des Tages, aber jetzt möchte das Dackelfräulein nochmal hinunter an den Hundestrand.

Von der schwedischen Westküste senden wir ganz herzliche Grüße!

Tonight my bag is packed
Tomorrow I’ll walk these tracks
That will lead me across the border

Tomorrow my love and I
Will sleep ’neath auburn skies
Somewhere across the border

We’ll leave behind my dear
The pain and sadness we found here
And we’ll drink from the Bravo’s muddy water

Where the sky grows gray and wide
We’ll meet on the other side
There across the border

For you I’ll build a house
High upon a grassy hill
Somewhere across the border

Where pain and memory
Pain and memory have been stilled
There across the border

And sweet blossoms fill the air
Pastures of gold and green
Roll down into cool clear waters

And in your arms ’neath open skies
I’ll kiss the sorrow from your eyes
There across the border

Tonight we’ll sing the songs
I’ll dream of you my corazón
And tomorrow my heart will be strong

And may the saints‘ blessing and grace
Carry me safely into your arms
There across the border

Om pauser og penge.

In einem Rutsch durch Dänemark gefahren. Kurz vor Kopenhagen anderthalb Stunden Mittagsgassi am Strand, danach (14:30 Uhr) halb tot vor Hunger, seit dem Frühstück in Flensburg bloß eine Banane. Also ab ins Strandcafé!

Der Däne isst mittags Smørrebrød. Also bestellt. Und bezahlt. Mit Kreditkarte. Hier zahlt man ja wirklich alles – sogar Klogänge an Raststätten! – mit der Kreditkarte. Ohne diese Plastikkarte wäre ich unterwegs in zwei Toiletten gar nicht reingekommen.

75 dänische Kronen fürs Smørrebrød. Hm. Ist das viel? Oder war das ein preiswertes Mittagessen? Hat mal jemand einen Währungsrechner, am besten als App?

Mit Sand in den Schuhen, Wind in den Haaren, Sonne im Gesicht und Smørrebrød im Bauch grüßen wir Sie aus Ishøj, Danmark.

Sweet Soltitüde oder: Ein Streifzug durch Flensburg.

…und als ich die Autotür öffnete, roch das Dackelfräulein sofort das Meer und war nicht mehr zu halten!

„Solitüde“, so heißt der Strand an der Flensburger Förde – und er machte seinem Namen alle Ehre – wir hatten ihn  nahezu für uns allein…

…und einen Heidenspaß hatten wir auch: Fangen gespielt, Löcher in den Sand gebuddelt, an Krabbenscheren genagt, im Seetang verheddert,… – eigentlich wollten wir bis Flensburg-City marschieren, sind dann aber im wahrsten Sinne des Wortes schon vorher gestrandet, weil Seeluft und Sport so hungrig machen. In der „Sprotte“ am Ballastkai eingekehrt und für den weiteren Spaziergang gestärkt.

Weil die Großgrabungen am Strand die von der Klimaanlage im Auto eh schon strapazierten Dackelaugen noch mehr angegriffen haben, erstmal eine Apotheke aufgesucht, um die gestern von Andrea empfohlenen Tropfen zu besorgen. Die sind gottseidank vorrätig und die Apothekerin hilft gleich noch beim Verabreichen und daraus ergibt sich ein längeres Gespräch und daraus dann mein weiterer Nachmittag.

Ich hatte mich ja auf Flensburg nur insofern vorbereitet als ich recherchiert hatte, dass es hier ein Schwimmbad mit 50m-Becken gibt (und ich wollte irgendwo nahe der dänischen Grenze Station machen). Die Quartiersuche hier hat mich dann so frustriert (Hotels überwiegend ungünstig gelegen und sehr teuer, Hundmitnahme ebenso – oder gleich verboten, daher landete ich in dem Landhotel ein Stück außerhalb), dass ich keine weiteren Pläne geschmiedet habe. Das hat mir dann heute Nachmittag die Apothekerin abgenommen, eine gebürtige Flensburgerin und ebenfalls Hundebesitzerin. Sie zeichnete mir eine Route auf, bei der wir auf ruhigen Nebenwegen einiges von der Stadt sehen würden und ich zog neugierig mit dieser Skizze los.

Flensburg ist ein Eldorado für Innenhof-Freaks! Einer schöner als der andere! Mit Geschäften, Cafés, Galerien, Praxen, Schnapsbrennereien, Töpfereien, Goldschmieden, Musikkneipen etc. – absolut traumhaft!

Und etliche harmonische Katzenbegegnungen – das gab’s noch nie.

Nach der Innenhöfe-Tour waren wir nochmal in der Apotheke, denn so war’s vereinbart. Die Apothekerin passte erstmal ein Viertelstündchen auf Pippa auf, damit ich im Drogeriemarkt eine Nagelbürste kaufen konnte, die ich nicht etwa für meine oder Pippas Krallen brauche, sondern zur Reinigung meiner Schuhsohlen (sie wollen nicht wissen, wovon). War ja klar, dass man irgendwas daheim vergessen würde.

Mit Nagelbürste zur Apotheke zurückgekehrt, Pippa lag auf dem Ledersofa neben dem Hustenbonbonregal und neben ihr bereits ein Zettel, auf dem meine weitere Route  notiert war. Wir verabschiedeten uns und das Fräulein und ich zogen erneut los.

Nach fast sieben Stunden Unterwegssein schließlich ein Feierabendbier am Hafen genehmigt, sogar die passende Marke hatten sie in der Bar. Mit ein paar Dänen den Tisch geteilt und über Aarhus gesprochen, wo ich unbedingt auch nochmal hin muss (sowas hier ist doch einfach der Hammer, finden Sie nicht auch?).
Übrigens: Wenn Dänen Deutsch sprechen klingt das um ein Vielfaches süßer als wenn ein Deutscher sich am Dänischen versucht. Die lispeln manche Silben so nett.

Nebenbei endlich erfahren, warum Flensburgs Hotellerie und Gastronomie so teuer ist: es liegt an der Nähe zum teuren Dänemark. Da kann man die Reisenden gen Norden schon mal aufs skandinavische Preisniveau einstimmen, und die paar Dänen auf der Durchreise in den Süden stört’s nicht, weil die sind’s ja von daheim eh so gewohnt. Ach so ist das. Nächstes Mal dann doch lieber wieder in Kiel Station machen (das dortige Schwimmbad war ja auch recht passabel).

Für Nacht Nr. 2 im Landhotel muss ich jetzt noch diverse Vorkehrungen treffen, damit sie sich qualitativ zumindest ein bisschen von Nacht Nr. 1 unterscheiden wird. Auch hier wieder so eine überflüssige Vorbereitung der Flensburger Hotelbetriebe auf die skandinavischen Sitten: ein Doppelzimmer besteht meist aus zwei Einzelbetten. Im meinem aktuellen Fall stehen die extrem weit auseinander, dazwischen noch zwei Möbelstücke. Aber wir kommen in einem 90cm breiten Bett einfach nicht zurecht, denn so ein Dackel liegt weder am Fußende noch längs oder am Rand, sondern mittig und quer – und damit ist die Bettbreite an einer für Menschen recht unpraktischen Stelle bereits voll ausgeschöpft und man hat nächtens nur die Wahl zwischen mehrfachem Gerangel oder Rückzug ins Hundekörbchen.

Daher verabschiede mich nun zum Möbelrücken. Anschließend muss das Belüftungskonzept noch angepasst werden (ein an einem See gelegenes Hotel ohne Fliegengitter vor den Fenstern ist eine Zumutung, erst recht, wenn alle Zimmer südseitig ausgerichtet sind und sich tagsüber ordentlich aufheizen) sowie Durchführung einer kleinen Maßnahme im sozialen Bereich (Zimmernachbar, Typ Bud Spencer). Habe also noch gut zu tun.

Morgen dann großer Brückentag: via Dänemark hinüber nach Schweden.
Große Vorfreude auf die beiden Mega-Brücken über den Großen Belt und den Öresund!
Next Stop: Helsingborg.

Schlafen Sie gut, insektenfrei, kühl, mit viel Ruhe und Platz!

Morgensport.

Bedeckter Himmel am Vormittag? Super! Ich wollte nämlich sowieso ins Campusbad.

Cooler Campus, sehr modern und cosmopolitisch. Mit Capelle. Und das Campusbad mit Coin bzw. Chippen.

Nach einer uralten Craulquappenweisheit, die vor centuries überliefert wurde, ist der Tag ja ein guter Tag, wenn man morgens um halb zehn 50 Minuten lang eine 50m-Sportbahn für sich allein hatte und ungestört durchs Chlor craulen connte.

Jetzt ist Fräulein Hund dran und darf an den Hundestrand.

Cuique suum & carpe diem!

Auf dem Schnepfenstrich: Ein flotter Vierer in der Lüneburger Heide.

Als wir den Dachsbau passiert hatten, durchs Rehland gekurvt und am Entenpfuhl vorbeigefahren waren, landeten wir auf dem Schnepfenstrich. Kein Scherz, Sie können das alles googelmapsen!

Von dort aus waren es nur noch ein paar Meter zu dem Treffpunkt, den meine Freundin Andrea für unser drittes Dog&Blog-Meeting ausgesucht hatte (die anderen zwei Gipfeltreffen können Sie hier und hier nachlesen). Um kurz vor 12 fuhr ich auf den vereinbarten Parkplatz, um Schlag 12 traf dann die Delegation aus Braunschweig ein.

Wenn die bayerische Gebirgsjägerin Pippa den Harzer Wanderkaiser Bobby trifft, dann muss es natürlich schon etwas Besonderes sein! Und meine Wünsche (nicht zu weit von der A7 entfernt, möglichst in der Mitte meiner heutigen Tagesetappe, bitte mit Badegelegenheiten und Einkehr) wurden aufs Vortrefflichste berücksichtigt.

Die Meißendorfer Teiche bei Winsen in der Lüneburger Heide – als Andrea den Link zur Tour schickte, las ich erst ich Winseln – waren ein ideales Gebiet, um Gassigehen, Ratschen und Saunieren miteinander zu verbinden. Bei schwülwarmen 33 Grad war an einem gewöhnlichen Mittwoch im Aller-Leine-Tal so gut wie niemand unterwegs, so dass man die Region schon nach wenigen Minuten in Ohne-Leine-Tal hätte umtaufen können.
Am liebsten hätte man sie auch in Ohne-Klamotten-Tal umbenannt, denn ebenfalls nach wenigen Minuten waren wir triefnass geschwitzt (obendrauf noch eine Lage Sonnencreme und Mückenspray – es gibt körperlich wenig Ekelhafteres, als einen ganzen langen Tag in dieser Mehrschichten-Klebrigkeit zu verbringen).

Bobby (Andreas Labradoodle, von mir meist „der große Braune“ genannt) und Pippa verstanden sich so hervorragend wie bei den ersten beiden Vierertreffen: Einträchtig liefen sie nebeneinander her, schrieben sich heiße Botschaften an den Wegesrand, badeten gemeinsam in den zahlreichen Teichen, verbellten in großer Einigkeit entgegenkommende Hunde, nahmen zeitgleich dieselbe Witterung auf (Wildschweine?) und machten vorbildlich „Sitz“, um ihre Wegzehrung entgegenzunehmen.

Drei Stunden waren wir auf dem Rundwanderweg unterwegs, die vierte verbrachten wir im Herrenhaus „Gut Sunder“, und auch hier hatte Andrea bei der Tourvorbereitung nicht geschludert: es gab dort den regionalen Klassiker, die Buchweizentorte – und damit ging gleich noch einer meiner Wünsche in Erfüllung!

Insgesamt wunderschöne vier Stunden!
Ein großes Dankeschön an Andrea & Bobby – im Oktober gibt’s sogleich die Revanche: einen Tag unter meiner Führung durch beautiful Upper Bavaria: mit Bergtour, Weizensmoothies und allem Drum und Dran 😉

So eine Buchweizentorte sieht zwar locker und luftig aus, ist aber in Wahrheit ein ziemliches Kaliber, das im Nachgang eher ein Nickerchen erfordern würde als eine dreistündige Autofahrt.
Während das Dackelfräulein auf dem Rücksitz selig vom großen Braunen träumte (mit Pfötchenzucken, verdrehten Augen und wildem Japsen), stand ich todmüde vor dem Elbtunnel im Feierabend-Stau (wenigstens mit Blick hinüber zur Köhlbrandbrücke und sogar den Michel konnte man kurz erspähen).

Irgendwann war das Tagesziel aber doch erreicht: ein kleines Landhotel kurz vor Flensburg.
Selbstverständlich wie immer nach allen Regeln der Hundebesitzerkunst ausgewählt: naturnahe Lage, Spazierwege ab Haus, Hunde nicht nur geduldet, sondern willkommen, kein absurder Aufpreis für den Vierbeiner.
Als wir das Hotel betreten, wirft sich der Chef sofort auf den Boden: „Was für ein wunderschöner Teckel!“, ruft er, und: „Genau solche habe ich früher gezüchtet!“.
Ob sie jagdlich geführt würde, möchte er wissen, und ob das ein Normalschlag sei.
„Äh, nein, sie wird eher wenig geführt, auch nicht jagdlich“, antworte ich ihm, „aber einen normalen Schlag hat sie durchaus!“ (seien wir doch mal ehrlich: wer hat den nicht?).

Er lacht sehr norddeutsch, knufft das Fräulein nochmal in die Seite und schließt die Begrüßung mit den Worten: „Die Lütte wohnt hier jedenfalls umsonst!“. Dann vertraut er mir noch den Schlüssel für die Küche an (dem voraus ging meine Frage, wo ich hier mein Weißbier kühlstellen könnte) und verabschiedet sich in seinen Feierabend.

Drehen wir noch eine Runde um den See in Hausnähe, Madame badet zum 37sten Mal an diesem affenheißen Tag und findet das x-te Stöckchen und ist nach der mehrstündigen Fahrt überhaupt wieder sehr ausgeruht und unternehmungslustig…

…und anschließend folgt dann auch mein Tagesabschluss-Highlight: eine ausgiebige Dusche und ein Prosit der Gemütlichkeit.

Gute Nacht aus Schleswig Holstein, irgendwo zwischen Oeversee, Freienwill und Munkwolstrup.

PS: Wo wir gerade bei Ortsnamen sind…
Heute Vormittag hielt ich zu einer Pipipause am Autobahnparkplatz „Altwarmbüchener Moor“. Das bekam Mr. Spike mit und schickte mir kurz darauf folgenden Lexikoneintrag, nach dessen Lektüre ich meine aus dem Gasthof „Letzter Heller“ mitgenommene Semmel sofort in einen der Rastplatzmülleimer schmiss:

„altwarmbüchen (adj): Konsistenz der übrig gebliebenen, gestern noch so leckeren Wurstbrötchen, die man vormittags in der Vespertüte im Rucksack findet, weil man nach der Rückkehr am schwülen Hochsommerabend leider vergaß, sie über Nacht in den Kühlschrank zu legen“.

Im Werratal.

Tagesziel erreicht!

Ich fand den Namen des Gasthauses – speziell für den ersten Tag einer langen Reise – so lustig, dass ich unbedingt hier buchen musste.

Nomen est aber nicht Omen.
Preislich total ok, Zimmer überraschend schön, Essen hervorragend, Personal freundlich (lediglich verdutzt guckend, wenn man mit einem fröhlichen Grüß Gott hereinkommt), ausgesprochen hundefreundlich, zwar nah an der Bundesstraße gelegen, aber direkt neben dem Hotel ein riesiger Garten mit Fußball (!) und dahinter herrliche Wanderwege.
Haben wir sogar noch ausgenutzt, aber nun reicht’s für heute.
Müssen morgen fit sein.
Das Dackelfräulein hat ein Date mit diesem feinen Herrn.

Nicht nur Wilhelm Meisters Lehrjahre.

Zur Belohnung für Stau Nr.1 am Autobahnkreuz Biebelried (pro Richtung 1 Unfall) lange Gassipause in der ehemaligen Studienstadt.

Herrje! Die Hubland-Uni (und auch vieles andere) hätte man kaum wiedererkannt, nur das Phil-1-Gebäude noch exakt so hässlich wie 1997, als ich nach der letzten bestandenen Prüfung fürs Diplom da hinauskroch.

Am Sanderring geparkt (früher bekam man da nie einen Parkplatz), dem Dackelfräulein gezeigt, wo der Oberhund (also meine Wenigkeit) damals sein Diplomzeugnis in Empfang nahm. Gespenstisch lang her.

Beim Gassigehen im Ringpark dann an Wilhelm Meister gedacht, genauer gesagt: an dessen Lehrjahre, über die ich die Abschlussarbeit meiner Lehrjahre schrieb. Manchmal denk ich, so schlau war ich anschließend nie mehr wieder. In welchen Welten man damals wandelte! Und heute?

Würzburg bei 32 Grad ist mit Hund kein Vergnügen. Alle Schattenwege aufgesucht, die die morsche Erinnerung noch hergab. Trotzdem einen riesigen Rundgang gemacht, überall Gedenksteine, oft innegehalten, gedacht und geschaut.

Als Kind die schönsten Clogs aller Zeiten hier bekommen, als man den Papa auf einer Geschäftsreise begleitete. Im Hochsommer. Gleich angezogen und die Füße wundgelaufen.

Und all die Orte der Studentenzeit. Den Wohnort oben in Gerbrunn.

Die diversen Unigebäude. Die Ursulinergasse, wo ich mir den Julius aussuchte und im Taxi mit ihm nach Hause fuhr. Ein weiß-blauer Wellensittich. Die Kneipe, in der ich gejobbt habe. Das Brückenbäck, in dem ich mich immer mit J. traf. Das Sternbäck, wo es die guten Ofenkartoffeln gab. Und zum Abschluss noch einen Slush-Cooler (nie zuvor gehört, den Begriff, man ist eben alt und nicht mehr up to date) in dem Café, wo man früher immer nach durchfeierten Nächten zum Frühstücken war (schon damals hasste ich Frühstücken-Gehen, wollte mich aber keinesfalls ausgrenzen und ging tapfer mit).

Es ist 16 Uhr. Fressenszeit fürs Fräulein. Und dann mal weiter!