Tramps like us…

…, baby, we were born to bun!

Und zwar to cinnamon-bun.
Eine fettig-zuckrige Köstlichkeit, diese Kanelbullar, wirklich. Mit Füllung oder ohne, immer lecker.

Seelenbaumeln & Kalorientaumeln.

Aber wir verdienen uns das hier fei auch redlich! Strandlauf heute Morgen bei noch bedecktem Himmel, mittags dann bei Sonnenschein ab Haus zu Fuß los…

…und – dank des spitzenmäßigen Kommentars von der lieben Sori aus Wien neulich in diesem Blog – bis Brucebo marschiert (@Sori: dank dir nochmal!).

Ich meine, da hat die Sori natürlich völlig recht: Wenn man schon einen Steinwurf von irgendetwas, das nach Bruce klingt, egal mit welcher Zweitsilbe hinten dran, entfernt ist, dann muss man da auch hin.

Zwei Stunden bis zum Naturreservat Brucebo, dann noch ein Stück weiter bis zum Brucebo-Museum und Richtung Lummelunda – und auf dem Rückweg schließlich in Själsö (zu deutsch: Seeleninsel) eingekehrt, in eine nette Bageri mit Meerblick und Bergen von Zuckerzeug (aber auch gutem Brot, was eine Seltenheit ist in diesem Land).

Die knallen dann ganz schön rein, diese buns, und die Lauferei zuvor auch, und da das heut ein gänzlich spontaner Tag war – ohne Plan, Ziel und Kamera, einfach mal aufgebrochen – guckt man dann in Själsö sitzend in GoogleMaps nach, wie man eigentlich zurückgelangt zu seinem Holzhüttchen, konkret: ob es da vielleicht einen Bus gibt. Den gibt es durchaus, aber nur wochentags und nur vom Nachbarkaff aus. Na, dann eben nicht.

Stattdessen wie in guten alten Jugendzeiten, als man die Sommerferien in Lenggries verbrachte, noch keinen Führerschein hatte und trotzdem abends nach Tölz in den Turmkeller wollte, an die Straße gestellt und den Daumen rausgehalten. Das Fräulein blickt ganz unaufgefordert unglücklich drein, an Straßen steht sie naturgemäß ungern herum, erst recht nicht in der prallen Sonne. Das sieht mitleiderregend aus und könnte unsere Chancen auf baldigen Transport deutlich erhöhen, sofern nicht auch alle autofahrenden Schweden an Hundephobien oder -allergien leiden (was schwedische Hoteliers und Restaurantbesitzer ja durch die Bank tun).

Das dritte Auto hält an. Ein Volvo, was sonst. Lackfarbe nicht mehr erkennbar, da völlig eingestaubt und verdreckt, na logo. Muss also ein Einheimischer sein.
Netter Typ um die 40 am Steuer, zwölfährige Tochter auf dem Beifahrersitz. Sie stellen sich als Kristoffer und Astrid vor und sehen eigentlich nicht aus wie die Gestalten aus den schwedischen Mörderfilmen.
Also steigen wir hinten ein. Wo man hin will, braucht an der Stelle nicht gesagt oder gefragt werden, da diese Straße nur nach Visby führt.
Im Auto dann eine nette Unterhaltung: Astrid ist brennend am Fräulein interessiert und Kristoffer an meiner Reise und Unterkunft.

Denn er vermietet ab nächsten Sommer auch eine Stuga. Aha.
But what about Pippa? No problem!
Kleine Stuga bei Lummelunda, with ocean-view und mitten in der Natur gelegen.
Nun, man weiß ja nie – deshalb die Nummer mal mitgenommen. Visbys Österport ist schnell erreicht, dort lässt man uns raus und wir laufen die letzten zehn Minuten auf der Pippi-Langstrumpf-Strecke heimwärts.

Übrigens, was ich Ihnen schon seit Tagen erzählen will, wenn nicht ständig so viel anderes dazwischen käme…
Kristoffer gehörte zu dem knappen Dutzend Schweden, denen ich mit Pippa begegnete und denen ein kurzes Grinsen übers Gesicht huschte, als ich, nach dem Namen meines Hundes befragt, brav den Namen meines Hundes zum Besten gab.
Gottseidank hat mich Wenche, meine nette Reiseleiterin in den ersten Tagen hier auf Gotland, gleich am Montag darüber aufgeklärt, was Pippa auf Schwedisch bedeutet. Nämlich ungefähr sowas wie Poppen oder Schnackseln, wie unsere österreichischen Nachbarn zu sagen pflegen.

Wenche meinte, es wäre vielleicht nicht ganz ideal, wenn ich abends allein mit dem Dackelfräulein an der Strandpromenade spazieren ginge und sie lautstark bei ihrem Namen zu mir herriefe (oder ich solle mich andernfalls eben nicht wundern, falls ein paar Passanten überrascht gucken würden).
Kein Problem, ich vermeide das seither. Was nicht allzu schwer fällt, denn wir nennen sie eh häufig Mäuschen. So heißen inoffiziell ja sowieso die meisten Hunde – und hören auch drauf (mäuschen-rufend gucken einen halt in Deutschland manchmal mehrere Hunde an, in Schweden natürlich nicht).
Zwischenzeitlich habe ich mir für Situationen wie die heutige mit Kristoffer, sofern es doch mal zur konkreten Namensnennung des Fräuleins kommt, bereits mein Sprüchlein zurechtgelegt.

Ein ganz wunderbarer Tag.
Vor allem mal ohne dieses ständige Rumfotografierenmüssen, was ja seit dem Verlust der Schutzkappe des Objektivs gleich noch anstrengender geworden ist.

Zur Not tun’s auch mal die Schnappschüsse vom Smartphone, sogar für Reportagen.

Oh, just one kiss from you, my brother (and we’ll ride until we fall)

See the lights surrounding you.

Nach dem Frühstück unsere Siebensachen zusammengepackt. Um 9:30 Uhr Abreise aus Gåsemora. Weiter zum Bergman-Center, zum Bergman-Grab, zur zweiten großen Raukar-Stelle an der Westküste und zu einer Schiffssetzung.

Dazu in Wort und Bild evtl. später, denn danach landete ich an einem Ort, der so manch alten Kalkstein mit nur einem einzigen Takt in den Schatten stellte.

Ich hatte nämlich einen Mordshunger. Das Frühstück war spartanisch, das Beladen des Autos, das Gelaufe an der windigen Küste und das Fotografieren hatten mich doch ziemlich ausgelaugt.

Dann sah ich einen Wegweiser: „Crêperie Tati“. Und bog ab. Parkte neben einer Herde schwarzer Gotlandschafe, ging über ein völig verkruschteltes Gelände und suchte den Eingang zu dem Café.

Fand ihn schließlich. Öffnete die Tür und mir schallte die Zeile „…may you build a ladder to the stars…“ entgegen. Und sofort wusste ich: hier sind wir richtig. Denn ich liebe diesen Song!

Und ich liebte dann auch alles, was ich in den nächsten anderthalb Stunden sah, hörte, verzehrte und inhalierte: die gesamte Einrichtung der Kneipe, den kleinen Altar für den King of Rock’n’Roll, die James-Dean-Gedenk-Ecke (der Kalender und die Wanduhr: zu seinem Todeszeitpunkt stehengeblieben), die alte Jukebox, die kräftigen Farben, die köstlichen Crêpes mit Spinat und Feta, die pappsüße Schweden-Limo, den viel zu starken Kaffee, den gemütlichen Platz in der Sonne, die erstaunliche Hundefreundlichkeit – und jeden gottverdammten Ton, der während dieser Zeit aus den Lautsprechern bis weit auf die ans Café angrenzende Schafweide hinauswehte!

Leichter Dylan-Schwerpunkt, aber schon in Ordnung, und beim Bestellen des Crêpes konnte man, weil nicht viele Gäste da waren, sogar einen eigenen Musikwunsch äußern, der meine passte gut ins Programm und wurde erfüllt.

Der Lokalbesitzer ein Altachtundsechziger, ein schräger Vogel, ein Musikfreak und Künstler. Ich fragte ihn aus, wie er auf die Idee kam, hier auf Fårö einen derart ausgefallenen, grandiosen Ort zu schaffen – und die Antwort war kurz und knapp: I tried to realize a dream.

Wer war nochmal Ingmar Bergman? Und was hatte es doch gleich mit diesen Raukar auf sich? Wann muss ich zur Fähre, die mich zurück nach Gotland bringt?

Wurscht!
May your heart always be joyful
May your song always be sung
And may you stay
Forever young!

https://youtu.be/NuYqL-uzMes
May God bless and keep you always
May your wishes all come true
May you always do for others
And let others do for you

May you build a ladder to the stars
And climb on every rung
May you stay
Forever young

Forever young
Forever young
May you stay
Forever young

May you grow up to be righteous
May you grow up to be true
May you always know the truth
And see the lights surrounding you

May you always be courageous
Stand upright and be strong
And may you stay
Forever young

Forever young
Forever young
May you stay
Forever young

May your hands always be busy
May your feet always be swift
May you have a strong foundation
When the winds of changes shift

May your heart always be joyful
May your song always be sung
And may you stay
Forever young

Forever young
Forever young
May you stay
Forever young

Auf der Schafinsel.

Die Insel Fårö ist weit mehr als Ingmar Bergman, Raukar und Strände. Wie ihr Name schon sagt, ist sie eine Schafinsel (Får = Schaf / Ö = Insel).

Nirgends sonst ist das Gotlandschaf so sehr zuhause wie hier.

Nach etlichen Programmpunkten am Vormittag – wir fuhren nach Zwischenstopps bei diversen Sehenswürdigkeiten im Norden von Visby kurz auf eine Fika bei Linda vorbei, die heute im Homeoffice statt in Visby arbeitete (grandioses Wohnhaus: ein ehemaliges Bahnhofsstationsgebäude!) und anschließend noch zu einer Freundin von Wenche, die direkt an der Blå Lagunen wohnt und durch deren Gärten wir einen schöneren Zugang zur Lagune hatten (deren zwei Beagel-Rüden stürzten sich voller Interesse auf Pippa, die ihrerseits nur an den ca. 7 Bällen im Garten interessiert war) – trafen wir am späten Mittag in Fårösund ein, wo wir in einem lauschigen Café zum Lunch einkehrten. Anschließend setzten wir mit einer kleinen Autofähre in knapp 10 Minuten über auf die Insel Fårö.

Und dann ging einer meiner Wünsche in Erfüllung: der Besuch einer Gotlandschaffarm. Ursprünglich gab es diese Schafrasse nur auf Gotland und Fårö, mittlerweile wird sie auch andernorts gezüchtet. Diese schwarz-grauen Genossen hatten es mir schon vor fünf Jahren sofort angetan. Je älter sie werden, desto mehr wechselt ihre Fellfarbe von Grau zu Schwarz. Sie sind sehr robust, gelten als recht zutraulich, können aber durchaus zu etwas plötzlichen und heftigen Sprüngen ansetzen – Wenche war das (obwohl sie eine waschechte Gotländerin ist) nicht so geheuer, so dass ich sie ein wenig ermuntern musste, die Schafe zu berühren.

Und das Ganze war keine Streichelzoonummer – nein, die Kleinen wollten gern geknuddelt werden! Sie sind nämlich erst sechs Monate alt, mögen Menschen und als wir die Weide betraten, rannten uns die meisten von ihnen sehr interessiert und laut blökend entgegen.

Es gibt für mich wenig Erbaulicheres als den Kontakt zu Tieren und ich hätte Stunden mit diesen Schafen verbringen können. Das gelockte Fell fühlt sich herrlich an, noch wunderbarer aber sind die schwarzen Köpfe und Ohren. Und die dunkelbraunen Augen, von langen, geschwungenen Wimpern umgeben, gucken einen so unglaublich direkt an, dass man sofort eine Verbindung fühlt.

Wenche mahnte irgendwann zum Aufbruch, da die Inhaberin der Stora Gåsemora, meiner Bleibe für die nächsten beiden Tage, nur zwischen 15 und 16 Uhr vor Ort sein würde, um mir den Schlüssel auszuhändigen.

Gestern spuckte ich noch große Töne und wähnte mich heute Abend allein in einer Hütte am Strand, aber als wir das riesige Gelände betraten und Birgitta, die Chefin, uns überall herumführte, begriff ich erst, wie einsam und weitläufig das hier alles ist und mich verließ ein klein wenig der Mut.

Zur Auswahl stand zum einen diese klitzekleine, uralte Mühle…

…die ich äußerst charmant fand, nur liegt sie so weit weg von allen anderen Gebäuden und hat keinerlei Beleuchtung drumrum und in ihrem Inneren eine schmale, steile Leiter hinauf in die Schlafkoje, was schon allein nicht so einfach wäre, dort hochzukraxeln, aber mit 7kg Dackel unterm Arm wirklich nicht ganz ungefährlich ist – also schied die Mühle aus.

Zum anderen hätte ich besagte Strandhütte wählen können, die Sie auf diesem Bild hier sehen (am besten großzoomen)…

…die war aber gleich noch weiter ab vom Schuss als die kleine Mühle und ich hätte gar nicht gewusst, wie ich meine vier Kisten voller Zeug dort hätte hinschleppen sollen, da es nur einen langen, steinigen Pfad gibt, der zu der Hütte am Meer hinunterführt.

Aber ich gebe gern zu, dass es nicht die praktischen Gründe waren, die mich von diesen beiden Stugas abhielten, sondern definitiv deren Alleinlage (habe diesen Begriff erst heute vollumfänglich begriffen).

Also entschied ich mich für eines der anderen Häuser auf der Farm, in dem ich ein ebenerdiges Zimmer samt Bad und Küche beziehen konnte.
Keine Treppen, gefühlt wenigstens ein paar Nachbarn, wenn’s auch nur Islandpferde sind, drumherum zumindest der eingebildete Schutz durch andere Gebäude und etwas entfernt die Stallungen, in denen ab und an mal ein Mensch vorbeischaut.

Ich bin sehr zufrieden mit meiner Wahl. Sogar das Signal des WLAN-Routers vom Hauptgebäude reicht gerade noch hinüber in mein Häuschen. Sonst könnte ich Ihnen das ja gar nicht zeigen und auch die Öffnungszeiten des einzigen auf Fårö noch geöffneten Cafés nicht nachgucken.

Wenn Sie Lust haben, kommen Sie doch gern morgen Abend hier vorbei. Die Fähre ist kostenlos, auf meiner Terrasse ist genug Platz für 20 Personen und die Aussicht ist wirklich fantastisch.
Bringen Sie aber bitte Ihre eigenen Getränke mit, Sie wissen ja, das alkoholische Zeug ist teuer in Schweden und ich hab heute schon wieder zwei Flaschen Weißbier verschenkt, so dass ich mit meinem Vorrat allmählich etwas haushalten muss.

Und sollte uns der Gesprächsstoff ausgehen, ist das auch nicht weiter schlimm: die Stille, die man hören kann, wenn das Meer grad nicht zu laut rauscht, ist atemberaubend.

Immer und überall suche ich einen schönen Platz für das Hundekörbchen aus – aber das ist komplett für Katz!