Easy Parking oder: Die Story von den fehlenden 3,7 Metern.

Beim Morgengassi am Auto vorbeispaziert und den Augen kaum getraut: da klemmt allen Ernstes ein Strafzettel unter dem Scheibenwischer!
Was soll um alles in der Welt soll man denn falsch gemacht haben?!?

Ich meine, da informiere ich mich bereits vor Wochen (!) in München, wie das mit dem Parken hier im Viertel, in dem unsere Wohnung liegt, funktioniert. Finde heraus, dass man dafür am besten eine App benutzt („Easy Park“), installiere weit vor Abreise diese App auf meinem Smartphone, registriere unser Kennzeichen dort, hinterlege eine Zahlungsweise, bestelle mir die dazu nötigen Aufkleber per Post (für innen an der Windschutzscheibe, denn an dem Aufkleber erkennt die Politesse überhaupt erst, dass das ein Easy-Park-App-geparktes Fahrzeug ist) und reise also wirklich dermaßen gut aufs Stockholmer Großstadtparken vorbereitet hier an.

Parken in Schweden: Passen Sie bloß auf und lesen Sie unbedingt vorher die gesamte Straßenverkehrsordnung durch!

Vor Ort dann noch so eine Wissenschaft für sich: Interpretieren Sie die 5 untereinander befindlichen Verkehrsschilder in jeder Wohnstraße, je nach Straßenlänge sind es sogar mehrere davon – Sie brauchen da schon ein paar Minuten, um wirklich alle Aus- und Einschlüsse und dementsprechend die jeweils erlaubten Parkzeiten korrekt zu ermitteln (Parkscheinpflicht von 7-19 Uhr, am Wochenende aber nur von 11 bis 17 Uhr, Sie befinden sich in Parkzone 3, das Parken ist hier freitags von 9 bis 14 Uhr verboten, außer für Anwohner mit Parklizenz – und das alles steht da in schwedischen Abkürzungen).
Selbst das ist einem nachts nach einer längeren Anreise von Gotland bis Stockholm noch fehlerfrei gelungen.

Zu guter Letzt hat man die Karre dann in einer engen Einbahnstraße ordentlich abgestellt, den Easy-Park-App-Aufkleber innen an die Scheibe gepappt und in der App den Standort eingegeben sowie Beginn und Ende der Parkzeit eingestellt. Nebenbei bemerkt ist der Spaß nicht gerade preiswert, nämlich 160 SEK pro Tag in unserem Viertel, aber im Vergleich zur Innenstadt oder Parkgaragen oder gar Hotelparkplätzen (zwischen 250 und 350 SEK pro Tag) ist das fast geschenkt…

Und für all diese Mühsal erntet man dann einen Strafzettel?
Gucken wir uns beim Frühstück diesen in Schriftgröße 4 bedruckten gelben Streifen mal genauer an, den Google-Translator auf dem Handy schon geöffnet, damit man sich die nicht selbsterklärenden Begriffe gleich übersetzen lassen kann.
Wir begreifen nach einigem Getippe und Gerätsel, dass mit dem aufwändig georderten Parkschein alles in Ordnung war, und unser Vergehen darin bestand, dass das Auto nur 6,3 Meter von der Kreuzung entfernt steht, es hätten aber 10 Meter sein müssen.

Lassen Sie sich das mal auf der Zunge zergehen: 10 Meter! Das sind mehr als zwei Kombis! Und wenn man sich das Sträßchen so ansah – das hat ja an zwei Seiten eine Kreuzung, so dass schon mal 20 Meter Parkfläche wegfallen – tja, dann bleibt da nicht mehr viel an Stellplätzen übrig (und sowas steht natürlich in der Straße selbst nirgendwo, das muss man schon wissen).

In Deutschland sind es übrigens 5 Meter, die an Abstand einzuhalten sind – was sicher die wenigsten wissen (wir auch erst seit heute), aber man hält ja eh brav Abstand zu den Kreuzungen, damit man keine Fußgänger etc. behindert und alle Wege gut passierbar sind.
Und ich bin sicher, dass ebenso wenig irgendein Schwedenurlauber vor seiner Fahrt in den Norden die gesamte Straßenverkehrsordnung Schwedens studiert (diese 10 Meter sind in keinem Reiseführer und in keinem der gängigen Schweden-Info-Portale im Internet erwähnt, da müssen Sie schon länger graben und spezieller suchen, bis Sie diese Regelung überhaupt mal finden).

So richtig trifft uns aber der Schlag, als wir nach den ersten Übersetzungsarbeiten zum Grund des Strafzettels dann in der Mitte des ca. 25 cm langen Streifens der Zeile mit dem angesetzten Bußgeld für unser brutales Vergehen begegnen: 1300 SEK.
Haben diese Schweden noch alle IKEA-Tassen in ihren PAX-Schränken? Das sind 122€! Ja, geht’s noch: für 3,7 Meter so eine Unsumme?
Da sieht der Kontrolleur, dass das ein ausländisches Kennzeichen ist, dass das Fahrzeug völlig korrekt per Easy-Park-App für 160 SEK am Tag dort geparkt ist und dann brummt er einem 122€ für diese Lappalie auf?

Polizeirevier in Kungsholmen.

Haben wir unsere Vormittagspläne geändert und sind zum nächstgelegenen Polizeirevier marschiert, um das sofort zu klären und Einspruch einzulegen.

Nummer gezogen und zwanzig Minuten gewartet und die diversen Fächer mit den Formularen bestaunt (Waffenschein? Holla!).

Dann aufgerufen worden und zum Schalter gegangen, wo hinter Panzerglas eine bräsige Schwedin lustlos in ihrem Amtsdrehstuhl hängt und sich das Anliegen anhört und dazu nur sagt, das sei halt so. Ich entgegne, wir hätten nach bestem Wissen und Gewissen dort geparkt und dass dieses Bußgeld unverhältnismäißg hoch sei und ich mich als Tourist, der ja auch Geld in die Stadt bringt, diskriminiert fühle und wie man das denn als Ausländer erfahren solle, dass man unfassbare 10 Meter Abstand zur nächsten Kreuzung einzuhalten habe und dass wir ja nicht mal knapp an der Kreuzung standen, sondern eh schon 6,3 Meter entfernt.

Juckt die Beamtin alles nicht. Für den Einspruch steht ein dreiseitiges Formular auf Schwedisch zur Verfügung, das schiebt sie uns unter dem Panzerglas rüber, ein englisches gibt es nicht und so gehen wir kopfschüttelnd von dannen. Warten wir mal ab, wie das ausgeht – weiß zufällig jemand, welches Rechtsgebiet ein Advokat beherrschen muss, um einem bei sowas helfen zu können?

Anschließend den Ärger mit einem hervorragenden und günstigen Lunch zubetoniert und einen schönen restlichen Tag in dieser Stadt gehabt.

Wie sagt man so schön? – „Dem hat wohl ein Spatz ins Hirn geschissen!“ – hier ist’s glatt eine stattliche Möwe.

Wenn Sie in Stockholm ein gutes und günstiges Dagens Lunch haben wollen, z.B. um sich ein Parkticket leisten zu können: Ab ins Café Blabär.

Donnerstags: gretaloser Platz vor der Brücke zum Parlament.

Nicht überall ist es so aufgeräumt wie in Östermalm.

Obacht auf den Straßen: Stolpern Sie ja nicht über diese elenden E-Scooter, die in einer Stadt, in der immer ein Wind geht, kreuz und quer herumliegen.

Zuschlagen oder nicht? In der noblen Drottningsholmgatan werden jahreszeit- und ländertypische Artikel feilgeboten.

Die Stadt Stockholm geht energisch vor gegen all den Dreck und Schund: die Ghostbusters ziehen mit ihren Straßenstaubsaugern emsig durch die Fußgängerzonen!

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Ein Gedanke zu „Easy Parking oder: Die Story von den fehlenden 3,7 Metern.

  1. Dass die Skandinavier richtig hinlange ist bekannt. 10 m Sperrzone von der Kreuzung ist auch heftig. Von dem 5 m wusste ich und ich ärgere mich oft, wenn in meinem Wohnviertel ganz nah an der Kreuzung geparkt wird und es ganz schwierig ist, die Straßen einsehen zu können.
    Good luck!

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